Aus der polnischen Presse
Prof. Dr. Malgorzata Czabanska-Rosada - Korrespondenz und Übersetzung
Bilder: Gazeta Lubuska


Meseritz /Miedzyrzecz


Bahnhof MeseritzBahnhof Meseritz
Der Meseritzer Bahnhof wurde vor 128 Jahren errichtet. Seine große Zeit ist schon lange Vergangenheit. Das Baujahr war 1885.
Zunächst gab es nur eine Verbindung – die nach Bentschen; später wurden Gleise nach Landsberg, Reppen, Topper und Birnbaum gelegt. Jahrzehntelang war der Bau ein Wahrzeichen der Stadt und Pfeiler ihrer Prosperität.
Den Stadtbewohnern ebenso wie den ehemaligen Mitarbeitern der Bahn treten Tränen in die Augen, wenn sie an die Vergangenheit denken. In den 90er Jahren des 20. Jhs. begann der Niedergang, als nämlich der Personenverkehr nach Topper und Birnbaum eingestellt wurde.
Im Jahr 2006 verbrannten die Frachtgutlager am Bahnhofsgebäude und 2007 wurde das Dach ein Raub der Flammen. Erst danach wurde das ruinierte Gebäude in das Denkmalsregister aufgenommen, womit der weitere Niedergang aufgehalten werden sollte. Der Verfallsprozeß ging jedoch weiter. 2009 wurden die Bahnhofskassen dichtgemacht und die Polnischen Staatsbahnen, denen der Bahnhof gehörte, verkauften das Gebäude samt Grundstück an einen Privatunternehmer. Der neue Eigentümer renoviert derzeit das Objekt, in einem Flügel befindet sich eine Druckerei.
Reisende können weder die Bahnhofshalle noch die Toiletten benutzen, auf den Bahnsteigen gibt es nicht einmal eine Überdachung als Schutz vor Regen und Wind.

Straßenbaumassnahmen Kreis MeseritzBeseitigung von Gefahrenstellen
Im Kreis Meseritz sind Straßenbaumaßnahmen angelaufen, die die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern verbessern sollen. Hierfür erhielt der Starost einen Zuschuß aus dem „Schweizer Fond“.
Hierbei handelt es sich um nicht rückzahlungspflichtige Finanzhilfen der Schweizer Regierung für die neuen EU-Mitgliedsstaaten. Im Kreis Meseritz werden 8 Investitionen realisiert; Ziel ist das Herabsetzen der Intensität sowie des Tempos des Straßenverkehrs an besonders gefährlichen Stellen.

Bilder mit der „Camera obscura“Beseitigung von Gefahrenstellen
Im Meseritzer Kulturzentrum fand ein polnisch-deutscher Jugend-„Workshop“ für Fotografie statt. Beteiligt waren 20 Jugendliche aus beiden Ländern.
Es handelt sich hierbei um das erste mit Hilfe von Fotografen aus Bad Freienwalde veranstaltete internationale Projekt.
Die Teilnehmer gingen den Geheimnissen der Fotokunst auf den Grund und machten Bilder mit einer Lochkamera („Camera obscura“), die sie selbst gebastelt hatten. Es handelt sich hierbei um eine sehr interessante und einfache Technik. Der „Workshop“ wurde von der Euroregion Pro Europa Viadrina mitfinanziert.


Weißensee / Chycina


Die blumenreiche ErntekroneEinnahmen aus dem Erntedankfest
kommen der Kirche zugute

Ende August feierten die Einwohner von Weißensee zusammen mit Gästen das Erntedankfest, wobei sie Geld für das Renovieren des Kirchendachs sammelten. Weißensee bei Blesen im Kr. Meseritz zählt nur 92 Einwohner; gleichwohl war das Erntedankfest von mehreren hundert Menschen besucht.
Die musikalische Unterhaltung lieferte ein Ensemble aus Altenhof und der Archäologe Maksymilian Frackowiak hielt einen interessanten Vortrag über die Geschichte des Dorfes. „Weißensee ist in Posen besser bekannt als in der Wojwodschaft Lebuser Land. Wahrscheinlich deshalb, weil sich am See ein Leistungszentrum der Posener Sportakademie befindet, in dem sich im Sommer viele Studenten erholen und trainieren“, erklärte Prof. Jacek Gracz von der Posener Sportakademie, der am Erntedankfest teilnahm. Prof. Gracz meint, Weißensee mit seinen schönen Wäldern und Seen bildet die herrlichste Ecke in der ganzen Lebuser Wojwodschaft.
Seine Frau Alicja teilt diese Ansicht: „Weißensee hat eine reizvolle Lage, seine Einwohner halten eng zusammen und sind sehr offen. Deswegen haben wir hier ein Haus gekauft und verbringen unseren Urlaub in diesem Dorf.“ Die Frauen aus dem Dorf kochten für die Gäste eine herzhafte Erbsensuppe, die verkauft wurde. Die lange Schlange vor der Essensausgabe bezeugte die gute Qualität. Neben dem Suppenstand befand sich eine Marktbude mit frischem Obst- und Käsekuchen. Der gesamte Erlös kommt der Renovierung des Kirchendachs zugute.
Der Erfolg ließ die Weißenseer Frauen vor Freude tanzen„Die im Dezember 2011 initiierte Sammlung erbrachte bis jetzt 10.000 Euro, benötigt werden aber noch weitere 15.000 Euro, erzählt Barbara Wojda, die Dorfvorsteherin.

Die Kirche wurde 1867 von der Familie v. Kalckreuth errichtet, der nicht nur Weißensee sondern auch die Güter Kurzig, Obergörzig und Samst gehörten. Bis 1945 war sie evangelisch; nach 1945 gehörte sie zum Blesener katholischen Pfarramt. Das Kirchenprojekt hat die Gemeindebewohner enger zusammenrücken lassen; sie erlegten sich selbst eine monatliche Steuer von 5 Euro pro Familie auf. „Ich hoffe, daß wir spätestens in zwei Jahren genug Geld beisammen haben werden und das Dach dann endlich renoviert wird“, sagt Frau Wojda.


Brätz / Brójce


Der Friedhof gibt ein grausiges Geheimnis preis
Als Teil eines Haufens morscher Knochen wurden die sterblichen Überreste vierer kleiner Kinder entdeckt; wahrscheinlich wurden sie von ihrem eigenen Vater kurz vor dem Einmarsch sowjetischer Soldaten in Brätz im Januar 1945 umgebracht.
Der evangelische Friedhof in Brätz enthüllte ein seit 68 Jahren verborgenes blutiges Geheimnis. In einer Grube am Rande des Friedhofs wurden die Skelette von 60 Menschen entdeckt. Einige Schädel wiesen die für Schüsse charakteristischen Einschußlöcher auf.

„Es handelt sich um die sterblichen Überreste deutscher Soldaten, die wahrscheinlich nach ihrer Gefangennahme durch die Russen erschossen wurden“, erzählt Tomasz Czabanski, der Vorsitzende des Vereins POMOST aus Posen.
Die entdeckten Knochen lagen in mehreren Schichten übereinander. Einen grausigen Anblick boten die Skelette kleiner Kinder.
„Sie wurden von ihrem eigenen Vater noch vor dem Einmarsch der Russen in Brätz getötet. Ich gelangte an deutsche Quellen zu diesem Ereignis; aus ihnen ergibt sich, daß Ende Januar 1945 der Inhaber einer Gaststätte seine Kinder, Arbeiter, die Ehefrau und schließlich sich selbst getötet hat.
Ehemalige Einwohner von Brätz erinnern sich, daß es nach dem Einmarsch der Russen zu grauenhaften Vergewaltigungen und Mordtaten kam. Die Brutalität der Russen gegenüber Zivilisten sowie bereits gefangen genommenen Soldaten war möglicherweise ein Racheakt für die Greuel, denen Menschen in einem Brätzer Arbeitslager der Nazis ausgesetzt gewesen waren und in dem im Kriegsverlauf 1000 Häftlinge ermordet worden waren“, erzählt der Regionalforscher Andrzej Chmielewski aus Meseritz.
Warum hat der Gastwirt all diese Menschen umgebracht? Chmielewski begründet die Tat mit der unter den Deutschen herrschenden Angstpsychose vor der Roten Armee, die durch die Goebbels‘sche Propaganda angestachelt worden war.
„Gegen Kriegsende begingen nicht nur hochgestellte Nazi-Würdenträger und Fanatiker, sondern auch junge Frauen und nicht selten ganze Familien Selbstmord“, sagt er. In dem aufgefundenen Massengrab ruhten viele Zivilisten, wovon auch die aufgefundenen Eheringe zeugen. Einer von ihnen gehörte zu einer Frau.
„Sie mußte über 60 gewesen sein, in den Ehering war das Datum „4. Oktober 1904“ graviert“, sagt Maksymilian Frackowiak von POMOST. Zwischen den Knochen wurden einige Erkennungsmarken von Soldaten gefunden.
Diese metallenen Kennzeichen mit eingestanzten individuellen Codes und Nummern wurden im Regelfall auf dem Schlachtfeld entlang einer Einkerbung in zwei Teile gebrochen wobei der eine Teil in den Mund des Gefallenen gesteckt und der andere Teil zusammen mit Informationen über den Todes- und Beerdigungsort dem Militärarchiv zugeleitet wurde.

Tomasz Czabanski (Pomost) bei ExhumierungsarbeitenDie in Brätz ausgegrabenen Erkennungsmarken waren nicht zerbrochen. Die ermordeten deutschen Soldaten wurden später von deutschen Zivilisten begraben. „Dank der Erkennungsmarken wird es möglich sein, die Soldaten zu identifizieren“ sagt Adam Bialas von POMOST und die betroffenen Familien endlich zu benachrichtigen.
Ein Teil der Soldaten war wahrscheinlich im Kampf gefallen. Davon zeugt das im Grab gefundene sowjetische Geschoß, das im Gürtel eines Soldaten neben dem Koppelschloß mit der Aufschrift „Gott mit uns“ steckte. „Wären diese Soldaten erschossen worden, würden die Geschosse in der Brust oder dem Schädel stecken, nicht aber in Hüfthöhe. Nach der Besetzung von Brätz wurden alle Gefallenen, Selbstmörder und die von den Russen ermordeten Soldaten und Zivilisten in einem Massengrab begraben“, erklärt Czabanski.
Die POMOST-Mitarbeiter bargen viele persönliche Gegenstände – Brillen, Schlüsselbunde, eine mit Münzen gefüllte Geldbörse, Soldatenausweise sowie einen Imkerausweis, unterschrieben von Heinrich Schoroth, dem Vorsitzenden des örtlichen Imkervereins. Der Name des Ausweisinhabers ist leider unlesbar. „Ich habe eine Liste aller Opfer“, sagt Czabanski. Die sterblichen Überreste der Soldaten werden auf dem Militärfriedhof Neumark bei Stettin beigesetzt. Die Zivilisten finden ihre endgültige Ruhe wahrscheinlich in Brätz.



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