Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth –
13. und 14. Oktober 2017

Albrecht Fischer von Mollard


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017
Am 14. Juli 2017 starb in Bonn LEONHARD VON KALCKREUTH im 87. Lebensjahr.
Er war seit dem Jahr 2000 Vorsitzender des Heimatkreises Meseritz e.V. und der Heimatkreisgemeinschaft Birnbaum. Die Trauerfeierlichkeiten fanden in der Johanneskirche in Bonn, Bad-Godesberg am 26. Juli 2017 statt. Begleitet von zahlreichen Trauer- und Gedenkveranstaltungen wurde die Urne auf Wunsch von L. v. Kalckreuth am 14.10.2017 in Betsche/Pszczew beigesetzt. Die verschiedenen Wortbeiträge zu den Trauerfeierlichkeiten finden Sie hier.


Als ich erfuhr, daß die Urne mit der Asche von Leonhard v. Kalckreuth Mitte Oktober in Polen, wahrscheinlich in Betsche/Pszczew, beigesetzt werden solle, stand mein Entschluß fest, ihm dort die letzte Ehre zu erweisen und an der Beisetzung teilzunehmen. Im Laufe der nächsten Wochen entstand zeitweise auch der Plan, eine Busfahrt für Prignitzer Heimatfreunde zu organisieren, was später jedoch aus Kostengründen unterblieb.
So nahmen schließlich vom HKr Meseritz/ Birnbaum insgesamt 9 Personen an den Trauerfeierlichkeiten in Polen teil:
Aribert und Sohn Andreas Heinrich aus Darmstadt, Christian-Conrad v. Dziembowski und Sohn Alexander aus Nagold/Schwarzwald sowie Thea Schmidt/Troisdorf und meine Frau Ursula und ich aus Wuppertal waren bereits am Donnerstag, den 12. Oktober per Pkw nach Betsche gefahren. Am Freitag kamen im Laufe des Nachmittages noch Altbischof Dr. Johannes Launhardt und Dr. Wolfgang Kessler per Bahn in Schwiebus/ Swiebodzin an und wurden von dort nach Betsche bzw. direkt nach Meseritz /Miedzyrzecz gebracht.
Von Seiten der Familie v. Kalckreuth und des Freundeskreises waren weitere ca. 25 Personen zur Beisetzung gekommen.

Die Unterbringung auf dem Folwark Betsche, in der Ferienanlage am Scharziger See und einem weiteren nahe gelegenen Hotel war von Lukasz Robak hervorragend geplant, wie auch das komplette Programm für diese beiden Tage mit viel Bedacht und Einfühlungsvermögen entworfen und absolut störungsfrei und sehr umsichtig umgesetzt wurde. Von dieser Stelle aus, lieber Lukasz, sei Dir, Deiner Frau Zaneta und dem gesamten Folwark- Team für Eure Gastfreundschaft und für die umsichtige, reibungslos funktionierende Organisation herzlich gedankt.


5. Polnisch-Deutsches Seminar im Museum Meseritz

In einem Sonderbus starteten gegen 15.30 Uhr alle Teilnehmer aus Deutschland von Betsche über Politzig und Bobelwitz nach Obrawalde/Obrzyce. Auf dem Gelände des Krankenhauses, in dem L. v. Kalckreuth am 26. August 1930 geboren worden war, wurde ein Zwischenstopp eingelegt.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017 Lukasz Robak gab einige Erklärungen zur Geschichte dieses Ortes und nahm ein Säckchen Erdreich für die Beisetzung am nächsten Tag mit.
Nach einem kurzen Halt an der auf dem Gelände befindlichen Gedenkstätte für die etwa 10.000 Opfer des NS-Euthanasie-Programms, die in Obrawalde ab 1941 umgebracht worden waren, ging die Fahrt weiter zum Museum nach Meseritz.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017 Hier fand das 5. Polnisch- Deutsche Seminar, gewidmet Leonhard v. Kalckreuth (LvK) und seinem Engagement statt.

Nach der Begrüssung aller Teilnehmer, deren Anzahl sich inzwischen in etwa verdoppelt hatte, sprach der Hausherr des Museums, Andrzej Kirmiel, über die vielfältigen Verdienste des Verstorbenen.
Er erwähnte dabei die Kooperation mit dem Kreismuseum Wewelsburg, ging auf die Überlassung verschiedener Exponate aus der 2009 aufgelösten „Heimatstube des HKr Meseritz“ ein und hob die Bedeutung der Indigenatsurkunde von 1676 hervor, die Leonhard dem Museum vor einigen Jahren als Original geschenkt hatte.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017

Anschließend wurden in einer Filmdokumentation über die vielfältigen Verdienste von LvK Videos und Ausschnitte von verschiedenen Besuchen des Gewürdigten gezeigt, u.a. die Übergabe der bereits erwähnten Urkunde. Nach einer Kaffeepause stand der zweite Teil des Seminars unter dem Thema: „ Er wird uns fehlen – doch das bleibt – Erinnerungen und Gespräche im Kontext der deutsch-polnischen Zusammenarbeit“.

Im Anschluß an die einleitenden Worte von Lukasz Robak würdigte auf Polnisch das neue Beiratsmitglied des HKr Meseritz, Dr. Wolfgang Kessler, für die „Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen“, einem von mehreren geschichtlich orientierten Vereinen, in denen LvK Mitglied war, dessen Engagement für die deutschpolnische Aussöhnung.

Danach ergriff Albrecht Fischer von Mollard das Wort und sprach für den Heimatkreis Meseritz/ Birnbaum. (Für interessierte Leser werden beide Texte am Ende dieses Beitrages angeboten). In seiner sich anschließenden Ansprache erklärte der Landrat/Starost des Kreises Meseritz, der ebenfalls Teilnehmer des Seminars war, anhand einer Kopie die Bedeutung des Indigenats (Anmerkung: Der Autor hat sich im Internet schlau gemacht: „Das Indigenat (vom lateinischen indigena = eingeboren, einheimisch, inländisch) ist die Zugehörigkeit zu einem Gemeinwesen (Gemeinde, Staat). Im Falle des Adels war es die Verleihung der Staatsbürgerschaft an einen ausländischen Adeligen und zugleich die Anerkennung seiner Adelswürde und die Aufnahme in den einheimischen Adel mit dem Recht zum Erwerb eines Landgutes in seiner neuen Heimat.“).


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017 Am Ende trat unser polnischer Freund Wojtek Derwich vor die Zuhörer und las eine von LvK verfassten Bericht vor, der davon erzählt, wie 29 alte Bände aus einer bei der der Flucht vor der Roten Armee in Obergörzig zurück gelassenen umfangreichen Büchersammlung 1992 wieder den Weg zur Familie v. Kalckreuth fanden.

Als Abschluß dieses Seminars, in dem Leonhard v. Kalckreuth und sein kompromissloses Engagement für ein freundschaftliches Verhältnis zwischen Polen und Deutschland im Mittelpunkt standen, stand ein gemeinsames Abendessen aller Teilnehmer in Form eines Kalten Büfetts auf der Agenda, das hinsichtlich höchst appetitlicher Leckereien und polnischer Spezialitäten keine Wünsche offen ließ. Auf der Rückfahrt nach Betsche waren sich alle Teilnehmer einig: „Dieses Seminar hätte Leo sicherlich Freude gemacht!“


Tag der Urnenbeisetzung

Nach einem gemeinsamen Frühstück in Folkwark Betsche versammelte sich die Trauergesellschaft in der Empfangshalle des Brennereigebäudes zu einem stillen Abschiednehmen.
Vor seinem großen Portrait und umgeben von Kränzen und Blumengestecken stand auf einem Podest die Urne von Leonhard v Kalckreuth, die bis zu ihrer Beisetzung am Nachmittag die Trauergäste begleiten sollte.

Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017

Der Pfarrer der Kirche in Klemzig/Kleps, der sich Leonhard stets in besonderer Weise verbunden fühlte, sprach Worte des Gedenkens, die in einem gemeinsamen Vaterunser endeten. Anschließend bestiegen die Teilnehmer einen Sonderbus, der gegen 11 Uhr nach Muchocin startete, wo LvK im Elternhaus seine ersten Lebensjahre verbracht hatte.
Dort angekommen erläuterte ein Regionalhistoriker die familiengeschichtlichen Zusammenhänge zwischen den Gütern Obergörzig, Samst und Muchocin und erzählte aus dem Leben der hier einstmals residierenden Familie v. Kalckreuth.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017 Am Ende des fast einstündigen Aufenthalts füllte Lukasz wiederum ein Säckchen mit Heimaterde, diesmal aus Muchocin. Sodann bestieg man wieder den Bus, um zu einer weiteren Station von Bedeutung zu fahren, nach Birnbaum-Lindenstadt/ Lipowiec.

Hier in der ehemals evangelischen Kirche wurde Leonhard getauft und konfirmiert, hier sollte nun im Beisein des katholischen Pfarrers der Gemeinde Altbischof Dr. Johannes Launhardt – ein Schulkamerad aus Jugendzeiten – den Abschiedsgottesdienst halten. Ein von unserer polnischen Freundin Dr. Czabanska-Rosada liebevoll gestalteter zweisprachiger Liederzettel führte die Trauergemeinde durch die Andacht.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017 Johannes Launhardt stellte den Taufspruch von Leo in den Mittelpunkt seiner Ansprache:

Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben. (Offb. 2, 10).

Zwischenspiele der gefühlvoll gespielten Orgel und eines jungen polnischen Violinisten ergänzten den würdigen, bewegenden Trauergottesdienst. Nach der Aussegnung und dem zweisprachig gebeteten Vaterunser verließen die Teilnehmer das Gotteshaus und versammelten sich an der am 1. September 2013 von Leonhard v. Kalckreuth an den Probst der Gemeinde übergebenen Gedenktafel, die „an die evangelischen Bewohner deutscher Sprache“ erinnert, die bis Ende des 2. Weltkriegs in Birnbaum lebten. Schließlich wurde von diesem Ort ein drittes Mal Erdreich aufgenommen.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017
Ein ursprünglich nicht geplanter Abstecher führte schließlich noch auf den in einem Außenbezirk liegenden Städtischen Friedhof. Hier wird ebenfalls auf einer von Leo initiierten Gedenktafel an die ehemaligen evangelischen Bewohner Birnbaums mit deutschen Wurzeln erinnert. Er hatte sich seinerzeit wegen der Abgelegenheit des Ortes gegen die Aufstellung ausgesprochen und war aus Protest der Einweihung ferngeblieben.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017 Mit einigem Verzug gegenüber der Zeitplanung ging es nun Richtung Betsche auf den katholischen Friedhof. Hier war in der Nähe des Eingangs ein entsprechendes Feld für die Beisetzung der Urne vorbereitet.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017 Dr. Launhardt sprach letzte Worte, der junge polnische Violinspieler, der bereits in der Kirche in Birnbaum sein Können unter Beweis gestellt hatte, brachte noch einmal sein Instrument zum Erklingen – unter freiem Himmel lösten sich die Klänge geradezu sphärisch im Nichts auf – rührend und passend zu Ort und Anlass. Am Ende senkte Lukasz die Urne mit der Asche seines Freundes Leonhard v. Kalckreuth in dessen geliebte Heimaterde - möge er dort seine ewige Ruhe finden.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017

Zum Abschluss der Trauerfeierlichkeiten lud Gräfin Vitzthum, die Partnerin von LvK, alle Teilnehmer der Beisetzung in das Gewölbe im Folwark Betsche zu einem traditionellen Leichenschmaus ein.

Als Bahnreisende waren Dr. Launhardt und Dr. Kessler an einen festen Fahrplan gebunden und mußten alsbald nach Schwiebus aufbrechen, so daß sie das köstliche Mahl nach der Anspannung der vorangegangenen Stunden nur kurz genießen konnten. Alle anderen blieben gern, aßen, tranken und nutzen die Gelegenheit zu Gesprächen. Und jeder war beeindruckt von der Organisation und der würdigen und angemessen Verabschiedung einer großen Persönlichkeit.


Trauerfeierlichkeiten für Leonhard v. Kalckreuth in Polen – 13. -14.10.2017