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„Ein kleines Stück aus der Geschichte
des Landgerichts Meseritz“
Einen besonderen Mosaikstein aus der Geschichte
des Landgerichts Meseritz hat uns Dr. Luitwin
Mallmann zur Verfügung gestellt, den er im
Nachlass seiner Mutter gefunden hat und den wir
hier mit seiner freundlichen Genehmigung präsentieren dürfen.
Es handelt sich um einen Brief aus dem Jahre
1932, den Prinz Casimir Bernhard zur Lippe-
Biesterfeld, Vater des späteren Prinzen Bernhard
der Niederlande, an Dr. Karl Mallmann, damals
Landgerichtspräsident in Meseritz und Großvater
des Einsenders, geschrieben hatte.
Das Schreiben von Prinz Casimir Bernhard
wirft beim Leser Fragen auf, die Dr. Luitwin Mallmann
freundlicherweise in seinen „Anmerkungen“
aufgreift und zugleich auch die Beziehungen erläutert,
die zwischen seinen Großeltern und dem
Hause zur Lippe-Biesterfeld bestanden. Ihnen ist
es letztendlich zu verdanken, dass wir den Beitrag
noch mit einem „royalen Leckerbissen“ aus
dem Jahre 1937 ergänzen können.
HGr-Redaktion
Herrn Landgerichtspräsidenten Mallmann
Meseritz
Persönlich
Woynowo bei Züllichau
19.6.1932
Sehr geehrter Herr Präsident,
Es mag vielleicht ungewöhnlich sein, wenn einem
Richter Dank gesagt wird für ein Urteil, das er aus
unparteiischer Überzeugung kraft seines Amtes
gefällt hat.
In diesem Falle glaube ich aber in Erfüllung
eines dringenden Herzensbedürfnisses eine Ausnahme
machen zu dürfen, indem ich Ihnen, sehr
geehrter Herr Präsident und den Herren Beisitzern
der Strafkammer Dank sage dafür, daß sie
in Ihrem Strafmaß die verleumderische Gesinnung
des Angeklagten auch besonders berücksichtigt
haben.
Die vornehmen würdigen Worte, mit denen die
Zusatzstrafe begründet wurde, bedeuten für mich
mehr, als ich sagen kann, denn Sie werden verstehen,
wie entsetzlich ich die letzten beiden Jahre
innerlich zu leiden gehabt habe unter dem Eindruck,
den der Freispruch des Angeklagten durch
das Schöffengericht und die daran geknüpften verletzenden
Bemerkungen der Presse auf die breite
Öffentlichkeit gemacht hat.
Die vornehme Gesinnung der Strafkammer hat
nun alles wieder gut gemacht. Es ist, als sei mir
ein Alp vom Herzen genommen.
Deshalb bitte ich als Mensch zum Menschen
meinen Dank zum Ausdruck bringen zu dürfen.
Auch für die liebenswürdige Fürsorge für uns
durch Bereitstellung eines Zimmers und alle sonstige
Rücksichtnahme sage ich meiner Frau und
meinen wärmsten
Dank.
Mit dem Ausdruck
meiner
ganz besonderen
Wertschätzung,
bin ich, sehr geehrter
Herr Präsident,
Ihr sehr ergebener
Bernhard Prinz
zur Lippe
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Briefkopf mit der geprägten lippischen Rose |
Anmerkungen des Einsenders:
Von 1932 bis 1937 war Dr. jur. Karl Mallmann
Präsident des Landgerichts Meseritz/ Grenzmark
Posen Westpreußen. (Landgerichtspräsident)
Dr. Karl Mallmann war 1872 bei Wien geboren
worden und verstarb 1940 in Köln. Er studierte
die Rechte in Bonn und Bordeaux/Frankreich und
promovierte in Erlangen. Vor seiner Berufung nach
Meseritz war Mallmann als Landgerichtsdirektor
in Trier tätig.
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Bild links: Dr. Karl Mallmann, Präsident des Landgerichts Meseritz;
Bild rechts: Prinz Casimir Bernhard zur Lippe-Biesterfeld |
In der Familie Mallmann ist die Geschichte
überliefert, wonach die Familie zur Lippe landwirtschaftlichen
Besitz verkaufte und als Zahlung eine
Briefmarkensammlung erhielt. Die Briefmarken
stellten sich später als völlig wertlos heraus, weshalb
vor dem Landgericht Meseritz prozessiert
wurde.
Es kann angenommen werden, dass der hier
transkribierte Brief des Prinzen Bernhard Casimir
in diesem Zusammenhang verfasst wurde. Aus
dem Inhalt des Briefes ist zu entnehmen, dass es
um ein Berufungsverfahren ging in dem, der wahrscheinlich
wegen Betrugs angeklagte Käufer,
zunächst durch ein Schöffengericht freigesprochen
wurde und dann von der Strafkammer des
Landgerichts in Meseritz in zweiter Instanz, unter
dem Vorsitz von Dr. Karl Mallmann, verurteilt wurde.
Über das Verfahren muss es Presseberichterstattung
gegeben haben, wie aus den
Worten von Prinz Bernhard gefolgert werden kann.
Wenn Prinz Bernhard auch im Namen seiner
Frau dankt, dann wird damit deutlich, dass es sich
bei dem Briefschreiber nicht um den nachmaligen
Prinzen Bernhard der Niederlande handelt,
sondern um dessen Vater, Prinz Bernhard Casimir
zur Lippe Biesterfeld (1872 bis 1934).
Das ergibt
sich auch aus dem Vergleich der Unterschriften
auf dem Portraitbild als Husar und dem Brief.
Mit Armgard zur Lippe, der Ehefrau des Briefschreibers,
standen Karl Mallmann und seine Frau
in freundschaftlichem Kontakt, wovon verschiedene
Postkarten der Armgard zur Lippe an Karl
Mallmann und später an seine Frau Marita Mallmann
geb. Rademaker zeugen– z.B. die folgende,
ebenfalls vom Einsender transkribierte
Karte mit dem eingangs erwähnten „royalen“ Leckerbissen
auf der Rückseite:
Postkarte von Prinzessin Armgard zur Lippe
an Dr. Karl Mallmann um 1937:
Sehr verehrter Herr Präsident!
Herzlichen Dank für Ihre Karte. Nun bin ich gerade
im Begriff nach
Aachen zu fahren zum Turnier
und im Anschluss
dann nach Holland. Nach
Rückkehr im September
komme ich aber furchtbar
gerne und rufe dann an.
Hoffentlich hatten Sie eine
schöne Reise.
Ihrer Frau und Ihnen
herzliche Grüße.
Ihre sehr
ergebene Armgard Lippe
Pantchoulidzew läßt
sich sehr empfehlen.
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Hochzeit Prinz Bernhard zur Lippe und Juliana der Niederlande am 7.11.1937.
Sie bestieg 1948 den niederländischen Thron. |
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