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Von Birnbaum
nach Miedzychód
Torsten Lorenz – Auszug (Text und Bilder) aus dem Buch:
Markus Krämer: „Was wir lernen mussten…
Deutsche Fluchtgeschichte am Beispiel der
neumärkischen Familie Pelz“, Hummelshain
Verlag, Essen, 2023, bestellbar unter:
www.hummelshain.eu oder Amazon (Siehe
auch Buchbesprechung von Dr. W. Kessler in
HGr 247/April 2024, S. 39)
Erstmals urkundlich erwähnt wurde „Mezichod“ im
Jahre 1378, nachdem der General Starost von
Polen nach dem Tod König Kasimirs des Großen
dort eine Heerschau abgehalten hatte.
Stadtrechte erwarb Miedzychód /
Birnbaum vor 1400. Miedzychód war sowohl unter
dem polnischen Namen als auch unter
dem deutschen Stadtnamen Birnbaum
bekannt. Im Jahre 1597 kaufte
die protestantische Familie von Unruh
Birnbaum der Familie Ostrorog
ab.
Nach der Übernahme Miedzychóds durch die schlesisch-protestantische
Familie von Unruh im
Jahre 1590 veränderte sich langsam
die konfessionelle Zusammensetzung
der Stadt. Durch die kontinuierliche
jährliche Einwanderung aus Polen, Brandenburg-
Preußen, Schlesien und Sachsen entwickelte
sich Birnbaum zu einer deutsch-protestantischen
Insel in einem von polnisch-katholischer Bevölkerung
geprägten Umland.
Mit der Einwanderung
erhielt Birnbaum ein besonderes gewerbliches
Gepräge:
Es entwickelte sich zu einer Tuchmacherstadt.
Die Birnbaumer Tuche waren in der Regel grober
als die schlesischen und englischen und wurden
zunächst auf den östlichen Märkten der polnischen
Adelsrepublik abgesetzt. Zugleich aber fabrizierten
die Birnbaumer Tuchmacher auch feinere
Tuche, die zur Veredelung nach Meseritz
gebracht und von dort aus bis nach China vertrieben
wurden; noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts
berichtete ein deutscher China-Reisender über die
Beliebtheit der Meseritzki im Reich der Mitte.
Miedzychód wurde als Birnbaum mit der polnischen
Teilung im Jahre 1793 Teil des Königreichs
Preußen. Mit der Teilung verschwand Polen für
123 Jahre von der politischen Landkarte Europas.
Mit Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde
auch die deutsch-polnische Gesellschaft Birnbaums
von dem Wandel der neuen nationalen
Identitäten erfasst und Konfliktlinien wandelten
sich von den vorher eher durch religiöse Unterschiede
geprägten Differenzen hin zu einem
Nationalitätenkonflikt.
Fortan wollte man sich nicht
mehr als multinationale Preußen, sondern als
nationalstaatliche Deutsche verstehen.
Seit den 1870er-Jahren entstanden kleine Industriebetriebe
und Birnbaum erholte sich langsam
vom Verlust des Tuchgewerbes. So entstanden
im Rahmen einer kleinen Industrialisierung
bald Ziegeleien, eine Reihe kleiner Tabakfabriken
und Schneidmühlen.
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Birnbaumer Industrie, Anfang des 20. Jahrhunderts |
Schon vorher, seit 1794, hatte es in Birnbaum zwei
kleine Ziegeleien gegeben, die allerdings
angesichts der Konkurrenz im nahen Landsberg
an der Warthe bisher wenig ertragreich gewesen
waren. In der zweiten Hälfte der 1890er-Jahre
wurde ein Winterhafen an der Warthe eröffnet, ein Jahrzehnt später erhielt Birnbaum eine Dampfmühle
und eine Dampfmolkerei.
Der Bau der
Eisenbahnstrecke Ende des 19. Jahrhunderts
wurde mit der Entwicklung von Gewerbe und Industrie
und dem erwarteten Zuzug deutscher
Bevölkerung gegen das Vordringen des
Slawentums argumentiert. Die Eisenbahn, die
Wasserwege und die Braunkohlevorkommen ermöglichten
die Gründung verschiedener Fabriken,
neben einer Tabakfabrik insbesondere eine
Konservenfabrik.
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Winterhafen von Birnbaum |
Um die Jahrhundertwende, als
die Familie Pelz nach Birnbaum zog, erlebte die
Stadt durch die Entwicklung von Industrie und
Baugewerbe sowie den Ausbau von Behörden und
Schulwesen ein beträchtliches Wachstum. Die
zwischen Warthe und Küchensee eingezwängte
und ständig von Hochwasser bedrohte Stadt dehnte
sich vor allem an ihren Rändern aus. Es entstand
die Lindenvorstadt.
Während es Ende des 19. Jahrhunderts zu einem
Exodus der jüdischen Bevölkerung gekommen
war, wuchs um die Jahrhundertwende die
protestantisch-deutsche Bevölkerung,
gleichermaßen aber auch die katholisch-polnische
Bevölkerung der Stadt an. Immer mehr polnische
Gewerbetreibende eröffneten Werkstätten und
Kaufläden in Birnbaum.
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Bismarcksäule in Birnbaum |
Am 14.10.1900 war Birnbaum Schauplatz eines
Ereignisses, dessen Bedeutung weit über die
Stadtgrenze hinaus reichte: die Einweihung des
provinzweit ersten Denkmals für den Reichsgründer
Otto von Bismarck.
Die Nationalisierung des öffentlichen Raums war
Zeichen einer tiefgreifenden Wende, die sich seit
der Reichsgründung vollzog und die auch in den
deutsch-polnischen Beziehungen eine Zäsur darstellte.
Im Ersten Weltkrieg zogen allerdings noch die
polnisch-stämmigen Birnbaumer mit gleicher
Selbstverständlichkeit als deutsche Soldaten in die
Schlachten wie die deutschen Nachbarn.
Weil in
Birnbaum wilde Gerüchte über die polnischen
Mitbürger kursierten, rief der Bürgermeister
bereits wenige Tage nach Ausbruch einen lokalen
„Burgfrieden“ aus.
Er forderte in wohlabgewogenen
Worten dazu auf, die alte Feindschaft
mit den Polen dort zu vergessen, wo diese ihre
Pflicht erfüllten und erklärte es zur Ehrensache
jeden Bürgers, ihnen mit Achtung zu begegnen.
Auch die politische Auseinandersetzung zwischen
Deutschland und Polen ruhte in den Kriegsjahren.
Birnbaum erhielt im Herbst 1914 ein Lazarett
und eine mit 2000 Mann belegte Garnison.
Die Versorgungslage der Bevölkerung im Krieg
verschlechterte sich im Winter 1916/17 enorm.
Nachdem im feuchten und kalten Herbst 1916 eine
Kartoffelkrankheit etwa die Hälfte der Kartoffelernte
vernichtet hatte, waren die Menschen auf
eine unzureichende Ersatz-Ernährung angewiesen,
daher die Bezeichnung als „Steckrüben-Winter“.
Der lang andauernde und strenge Winter, in
dem die Temperaturen in Birnbaum bei gleichzeitigem
akuten Brennstoff-mangel auf bis zu -26
Grad unter dem Gefrierpunkt sanken, verschärfte
die Situation. Jetzt stellte der Kirchenchronist
„abgezehrte-elende Gesichter“ bei den Mitgliedern
seiner Gemeinde fest. Krankheiten setzten den
ausgezehrten Körpern zu.
Die Tuberkulose-Sterblichkeit
in Deutschland stieg in dem Maße, wie
der Kaloriengehalt der Nahrung sank. Mit Hunger
und Krankheit nahmen Kleinkriminalität und Ordnungswidrigkeiten
zu, die Zahl der Letzteren
wuchs zwischen 1915 und 1917 auf das Zehnfache. Die „rückwärtige Front“ stand seit dem Winter
1916/17 am Rande einer Katastrophe.
Der Erste Weltkrieg war ein Krieg um die Herrschaft
in Europa, der durch die südslawische Frage
ausgelöst worden war. Auch die polnische Frage
gelangte durch ihren taktischen Gebrauch im
Ersten Weltkrieg wieder auf die Tagesordnung der
Weltpolitik. Bereits 1914 verhieß der russische
Großfürst Nikolai Nikolajewitsch den polnischen
Untertanen die Aussicht auf Autonomie. Nach der
Besetzung Kongress-Polens durch deutsche Truppen
verkündeten der deutsche und der österreichische
Kaiser am 05.11.1916 die Schaffung
eines selbstständigen polnischen Staates, der jedoch
faktisch ein deutscher Satellitenstaat war.
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Notgeld - nur gültig im Kreis Birnbaum |
Unterdessen diskutierten auch die westlichen
Alliierten die polnische Frage. In ihren Debatten
entwickelten sie einen Grundsatz, der in den
Folgejahren Ostmitteleuropa revolutionieren sollte.
Der britische Außenminister Sir Edward Gray
sprach im März 1915 erstmals von der Freiheit
der Nationen von preußischer Hegemonie.
US-Präsident
Thomas Wilson forderte am 08.01.1918
in seinen 14 Punkten einen unabhängigen polnischen
Staat mit Zugang zum Meer. Allerdings ermöglichten wechselnde historische Grenzen konkurrierende
Ansprüche. Aufgrund der ethnischen
Mischsiedlungen in den Grenzgebieten waren
kaum Lösungen denkbar, die nicht zur Schaffung
von mehr oder weniger umfangreichen nationalen
Minderheiten geführt hätte.
Der Waffenstillstand zwischen den alliierten
Mächten und Deutschland vom 11.11.1918 hatte
die Provinz Posen formal unter deutscher Herrschaft
belassen und die Entscheidung über die
Zukunft der Provinz der Friedenskonferenz anheimgestellt.
Die Grenzen des neuen Staates
waren noch nicht geregelt. Allerdings entwickelte
sich bald der Polnische Aufstand.
Am 17.12.1918 brach der Polnische Aufstand
aus und innerhalb kurzer Zeit war der Großteil des
Posener Landes unter polnischer Kontrolle. Bis zur
Umsetzung des Versailler Vertrags konnte sich die
Stadt Birnbaum gegen die polnischen Aufständischen
behaupten. Überall entstanden bewaffnete
polnische Formationen, die angesichts der Hilflosigkeit
der Behörden bis zum 05.01.1919 die
Herrschaft über den größten Teil Großpolens errungen
hatte.
Vor dem Hintergrund der schnellen Ausbreitung
des polnischen Aufstandes über die gesamte
Provinz ergriffen die Behörden Gegenmaßnahmen
und trieben den Aufbau des Grenzschutzes
energischer voran als bisher. Man gliederte Resttruppen-
Teile in die Verbände des Grenzschutzes
ein und warb neue Freiwillige an, um zunächst
die Front zu stabilisieren und später nach Möglichkeit
die gesamte Provinz zurückzuerobern.
Am 04.01.1919 rückte eine Kompanie des
Schweriner Grenzschutzes unter dem Kommando
eines Hauptmanns Bölke in Birnbaum ein. Der
Grenzschutz übernahm von diesem Zeitpunkt an
das Kommando in der Stadt und errichte ein quasi
diktatorisches Regime, das von Bürgern bewusst
als „gegenrevolutionär“ bezeichnet wurde.
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Birnbaumer Marktansicht vor 1918 |
Am 09.01.1919 verhängten die Behörden Belagerungszustand
und Standrecht über die Stadt,
während der Grenzschutz die Aufstellung einer
Bürgerwehr verfügte. Bürgerkriegsähnliche Zustände
entwickelten sich. Die Demarkationslinie
prägte später den Grenzverlauf, dem Deutschland
im Versailler Vertrag zustimmte. Im Versailler Vertrag
erhielt Polen fast die gesamte ehemalige Provinz
Posen und weite Teile Westpreußen links der
Weichsel zugesprochen, in strittigen Gebieten um
Allenstein, Marienwerder und in Oberschlesien
sollten hingegen Volksabstimmungen entscheiden.
Während es im südlichen Ostpreußen und
in den westpreußischen Plebiszitgebieten 1920
nur wenige Stimmen für Polen gab, und die Gebiete
deshalb größtenteils bei Deutschland verblieben,
stimmten 1921 in den oberschlesischen
Abstimmungsgebieten immerhin 40% für Polen.
Schlesien wurde geteilt und Danzig zur freien
Stadt erklärt.
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Vor der Dampfmühle |
Die Bedeutung des polnischen Aufstandes lag
darin, dass er am Vorabend der Versailler Friedenskonferenz
vollendete Tatsachen schuf und
weite Teile Großpolens unter polnische Kontrolle
brachte. Somit konnte die polnische Delegation
in Paris ihre territorialen Forderungen gegenüber
Deutschland auf anderer Grundlage vertreten als
etwa im Falle Westpreußens. Gerade die Tatsache
aber, dass Westpreußen auch ohne Aufstand
an Polen fiel, relativierte die hohe Bedeutung, die
die polnische Historiografie dem polnischen Aufstand
zumaß. Außerdem ließen die Pläne der Alliierten
nie einen Zweifel daran, dass die Provinz
Posen an Polen fallen sollte. In Birnbaum hielt man
den Verlauf der Demarkationslinie, über den die
Zeitung berichtete, zunächst für einen Druckfehler.
Nach einer Klarstellung des Auswärtigen Amtes
aber kam es zu wütenden Protesten in der
Bevölkerung.
Der Kommandeur der Grenzschutzeinheit berichtete
knapp fünf Monate später, er habe die
Nachricht am 19.02.1919 gegen Mittag erhalten
und umgehend eine Vereinsversammlung der örtlichen
Vereine für den Abend einbestellt, um sich
ein Bild von der Haltung der Bevölkerung zu machen.
Bei dieser Gelegenheit habe er angeboten,
Birnbaum auch gegen den Willen von Herrn
Erzberger dem Deutschen Reich zu erhalten,
woraufhin die Versammlung in elementarer Begeisterung
zugestimmt hätte.
Noch am Abend des 19.02.1919 fand auf Initiative
des „Deutschen Heimatbunds Posener
Flüchtlinge“ eine Volksversammlung statt, zu der
nach Angaben des Deutschen Volksrats etwa
2000 Menschen erschienen. Die Versammlung forderte
den Grenzschutz einmütig auf, Birnbaum
nicht aufzugeben. In den folgenden Wochen und
Monaten kühlten die erhitzten Gemüter nicht ab.
Grenzschutz und deutscher Volksrat richteten
zahlreiche Telegramme an Minister und namhafte
Politiker aus Deutschland und den Siegermächten
und beriefen große Volksversammlungen
ein. Der Deutsche Volksrat gab Anfang März
ein Memorandum heraus, in dem er für den Verbleib
Birnbaums im deutschen Staatsverband plädiert.
Doch hieß es für viele Birnbaumer im Sommer
1919 einpacken! Sie nahmen ihre Habe und
schlossen sich dem Strom der Menschen an, die
seit dem November 1918 Polen und Pommerellen
verließen, um innerhalb der veränderten Grenzen
Deutschlands eine neue Heimat zu finden. Die
Zahl der aus der zweiten polnischen Republik
abgewanderten und verdrängten deutschen Bevölkerung
soll sich nach den höchst unterschiedlichen
Zahlenangaben auf bis zu eine Million belaufen
haben.
Andere Deutsche beschlossen zu bleiben und
hofften insgeheim auf eine spätere Revision der
Grenzen. Am 17.01.1920 – eine Woche nach dem
Inkrafttreten des Versailler Vertrags – zogen polnische
Truppen in Birnbaum ein und errichteten
eine polnische Souveränität. Birnbaum wurde
wieder auf seinen alten polnischen Namen
Miedzychód umgetauft. Eine Tendenz zur ethnischen
Entmischung wurde nach dem Ersten Weltkrieg
auch in Polen deutlich. Viele Deutsche verließen
ihre Heimat spontan nach Kriegsende, als
abzusehen war, dass ein beträchtlicher Teil der
preußischen Ostprovinzen an den entstehenden
polnischen Staat fallen würde, sie optierten stillschweigend,
„wild“, wie der Volksmund sagte.
Andere blieben in ihrer Heimat und waren bereit,
als Teil der deutschen Minderheit als polnische
Staatsbürger in Polen zu leben. Die übrigen
schließlich nutzten die ihnen vom Art. 91 des
Versailler Vertrags eingeräumte Möglichkeit, zwei
Jahre nach dessen Inkrafttreten, also zwischen
dem 10.01.1920 und dem 10.01.1922, für den
Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft zu optieren.
Dies war den vor 1908 in Birnbaum lebenden
Deutschen vorbehalten, so auch der Familie
Pelz. Es ist allerdings nicht überliefert, ob die Familie
Pelz offiziell optiert hat oder „wild-optierend“
bereits vorher nach Meseritz umgesiedelt war.
Ein erheblicher Teil der Optanten votierte in der
Annahme, in der bisherigen Heimat bleiben und
eventuell später nach Deutschland gehen zu können.
Diese Menschen hatten ihre Rechnung ohne
die polnischen Behörden gemacht. Denn der polnische
Staat nutzte die ihm von der Staatengemeinschaft
in die Hände gegebenen Werkzeuge,
wenn auch mit wechselnder Intensität und Konsequenz,
um sich eines beträchtlichen Teils der
deutschen Minderheit zu entledigen. Selbst mit
Beginn der zweijährigen Optionsfrist stand jede
der durch eigene oder fremde Definition deutschen
Familien vor dem Dilemma: Umzug in das
Vaterland oder Verbleib in der Heimat.
Als Teil des
neuen polnischen Staates verlor Miedzychód die
meisten der deutschen Einwohner. Die Inflation
in den 1920er-Jahren und die Forstschädlinge, die
Kieferneule, in den umliegenden Wäldern beschieden
der Stadt den Anfang des Untergangs
ihrer Industrie. Ein Erholungstourismus begann
und Miedzychód wurde zum Kurort. Am
03.09.1939 marschierten die Deutschen in die
Stadt ein und lösten mit ihrem Überfall auf Polen
den Zweiten Weltkrieg aus.
Am 27.01.1945 von der Roten Armee befreit,
wurde Miedzychód wieder Teil der Volksrepublik
Polen. Die Deutschen, die nicht bereits geflüchtet
waren, wurden schließlich aus Birnbaum vertrieben
und die vorher multinationale Stadt war fortan
geprägt von einer rein polnischen Bevölkerung.
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Miedzychód im Jahre 2004 (Archiv HGr) |
Heute ist das 160 km von Berlin entfernte
Miedzychód als Wiege der deutschen Kaufhäuser
bekannt. Die im Nachkriegsdeutschland bekannten
Kaufhäuser Hertie, KaDeWe und Galeria
Kaufhof haben Bezug zu Birnbaum. Die jüdischen
Familien Tietz, Joske, Ury und Knopf stammten
ebenfalls aus Birnbaum, die Familien Schocken
und Wroker aus der Umgebung. Diese jüdischen
Kaufmannsfamilien verließen Birnbaum Ende des
19. Jahrhunderts und eröffneten mit einer aus den
USA mitgebrachten Idee die Kaufhäuser mit festgelegten
Preisen und branchenübergreifendem
Sortiment. Aus der Leonhard Tietz AG wurde später
die Kaufhof AG, der Name Hermann Tietz hatte
sich im Namen Hertie erhalten.
Obwohl die jüdischen Kaufmannsfamilien früh
aus Birnbaum auswanderten, blieben sie der
Herkunftsstadt verbunden. Leonard und Oskar
Tietz vermachten der Stadt wie nachfolgende Generationen
der Familie Tietz in den ersten drei
Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bedeutende
Zuwendungen.
Ein daran erinnernder, 1912 aufgestellter, Gedenkstein
für Oskar Tietz am Ufer des Küchensees
war von den Deutschen 1939 weggeräumt
worden und steht seit 2002 wieder an seiner alten
Stelle. Die wechselvolle Geschichte
Miedzychóds ist ein Beispiel dafür, dass mit der
Ausbildung von Nationalstaaten zunehmend ethnische
Konflikte entstanden sind und ganze
Bevölkerungsgruppen aufgrund des Versailler
Vertrages umgesiedelt wurden.
Weiterführende Informationen zu Birnbaum:
Torsten Lorenz: Von Birnbaum nach
Miedzychód: Bürgergesellschaft und
Nationalitätenkampf in Großpolen bis zum
Zweiten Weltkrieg, BWV – Berliner Wissenschafts-Verlag 2005
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