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ZEITZEUGENBERICHTE
Erinnerungen an Betsche
Bruno Dupski
Im Umkreis von Betsche wohnten 25 Bauern, deren
Höfe eine unterschiedliche Größe hatten. An
der Bahnstrecke in Richtung Meseritz hinter dem
Scharziger See hatte der Ackerbauer Weimann
seinen Hof mit einer schönen Kirschallee.
Die Familie Jänsch an der sogenannten Hölle
und die Wirtschaft am Scharziger See in Richtung
Tirschtiegeler Chaussee sind mir die Bauern Schiller,
Hoffmann und Dahlke in Erinnerung.
In der
Nähe der damaligen polnischen Grenze die Familien
Tober, Koch und Wittchen. Koch und Wittchen wurden am 28.1.1945 an der
Mauer hinter der katholischen Kirche wegen Feindbegünstigung
von deutscher Wehrmacht erschossen.
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Betsche (Archiv HGr) |
Der größte See in der Betscher Seenkette ist
der Cloppsee. Er hat eine Länge von 4 km und eine
Breite von einem Kilometer. Nach dem verlorenen
Ersten Weltkrieg verlief die polnische Grenze am
Ufer dieses Sees, der Weg, der von der evangelischen
Kirche bis zum polnischen Schlagbaum
führte, ging an dem Hoheberg entlang.
Der beschriebene Weg zur Grenze war der beliebteste
Weg für einen Spaziergang. Von dem Abzweig
in der Schillerstraße konnte man den Rückweg
durch den Wald nehmen. Dieser Weg ging immer
bergauf und bergab bis zu einem überdachten
Schießstand. Dieser wurde vom damaligen
Stahlhelmbund für Schießübungen genutzt. Für
uns Jungen war dieses Areal ein gern besuchter
Spielplatz.
Der Hoheberg hatte eine Höhe von 102 Meter.
An dieser Stelle wurde 1938 ein Aussichtsturm aus
Holz errichtet. Nach der Grenzziehung 1920 hinter
dem Hoheberg am Cloppsee wurden 300 Morgen
an den polnischen Staat abgetreten, es war
die Gegend, wo mein Großvater lebte. Weiterhin
wurden die Dörfer Schilln, Swichotschin, Punken
und Betsche bedroht.
In dieser Zeit organisierte sich der deutsche
Grenzschutz aus den heimkehrenden Soldaten.
Um dem polnischen Ansturm Einhalt zu geben,
wurde der Grenzschutz Betsche und Tirschtiegel
von dem Grafen Wilhelm zu Dohna geleitet. Mein
Onkel Leszezynski, der aus dem Krieg als
Artillerieoffizier zurückkam, erhielt von den
Betscher Grafen den Auftrag, nach Landsberg
Warthe zu fahren, um dort eine Batterie Feldgeschütze
zu holen. Diese wurden an strategischen
Punkten in Betsche in Stellung gebracht.
Als die Polen merkten, dass schwere Waffen zum
Einsatz kamen, stellten sie die Angriffe auf Betsche
und Umgebung ein. Der Schwerpunkt verlagerte
sich in den Raum Tirschtiegel und Benschen.
Nun zum Betscher Umfeld. Die Schmiedestraße war
die Straße, wo ich jeden Tag zur Schule ging.
Betsche liegt auf einem Höhenzug, so führte
die Schmiedestraße hinab bis zur Stadtgraben-
Brücke, von dort steigt sie wieder an bis zur Höhe
des Geschäftes von Wanda Bähr. Ihr gegenüber
war das Grundstück von ihren Eltern als
Schmiedemeister. In dieser Straße waren noch der
Stellmacher Studinski und der Zimmermann
Gebauer, sowie der Landwirt Klinge wohnhaft.
Nun
ging es zur Meseritzer Straße in Richtung Sportplatz.
An der rechten Seite war ein Transformatorenhaus,
hier erreichte man die Stadtgrenze
in westlicher Richtung. Ein Wassergraben unterquerte
die Straße. Auf der rechten Seite waren
die Samellne. Hier wurde jetzt eine Straße gebaut,
die hinter der Kirche entlang führte und auf der
Posener Straße endete. Dadurch wurde die Innenstadt
entlastet.
In der Pogromnacht 1938 wurden die Grabsteine
auf dem Judenfriedhof umgestoßen, die kleine
Synagoge, die sich in der Nähe der evangelischen
Schule befand, wurde zum Teil zerstört. In
Betsche wohnten auch einige jüdische Familien.
Mir sind noch einige Namen dieser unglücklichen
Menschen bekannt, wie die Kaufleute Faibel, Flora,
Richwalski und Deutschmann. Betsche wurde
nicht von der Judenverfolgung der Nazis verschont.
Nun weiter auf der Meseritzer Chaussee. An
der Abzweigung des Feldweges in Richtung
Kulkau befand sich eine katholische Heiligenstatue,
wie sie in Betsche und Umgebung zahlreich
zu finden waren. Vor dem Stadtpark und angrenzenden
Sportplatz befinden sich 4 Familienhäuser,
die heute dort noch stehen. Dort war auch
mein Elternhaus. Hier wohnten auch die Familien
Fröhlich, Barutzki und Schwiederski.
Ich habe Betsche immer wieder besucht, das
waren meine letzten Erinnerungen.
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