Lebensbericht
von Kuno Eichstädt


Ich bin am 02.01.1928 in Meekow/Zielenzig geboren und langjähriges Mitglied des Heimatkreises Meseritz e. V..
Ab 1940 war ich Schüler in der 0berschule (Gymnasium) Meseritz. Im Januar/Februar 1944 wurden die Schüler der Jahrgänge 1928 zum Wehrdienst als FLAK-Helfer einberufen. So wurden wir, Heinz-Joachim Mathwig aus Tirschtiegel, Leo Gluschke aus Kalau, Karl-Heinz Sawade und ich aus Meseritz in Frankfurt/O. gesammelt und zu einer FLAK-Batterie in Riepe bei Emden weitergeleitet und eingesetzt. Wenige Zeit später wurden wir zu einer FLAK-Batterie nach Wenningstedt auf Sylt verlegt.


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Hier erlebten wir am 8. Mai 1945 das Kriegsende. Wir kamen in britische Gefangenschaft. Anfang Juni 1945 wurden wir von den Engländern per LKW abgeholt und über ein Auffanglager in Gruppen aufgeteilt.
Heinz-Joachim Mathwig und ich befanden uns in einer Gruppe, die nach Münster/Westfalen transportiert wurde. In Münster wurden wir einem deutschen Tiefbau-Unternehmen als Arbeiter im Tiefbau verpflichtet. Heinz-Joachim Mathwig und ich selbst fanden eine Gelegenheit, uns nach Bad Salzuflen abzusetzen. Von hier machten wir uns auf den Weg gen 0sten in Richtung Berlin. Im Harz überwanden wir die seinerzeitige Zonengrenze zu Fuß und waren eines Tages in Berlin angekommen. Hier erfuhren wir nun, daß unsere Heimat östlich von Oder- Neiße verloren war.



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H.-J. Mathwig fand zu seinen Großeltern und erfuhr hier, daß seine Eltern Dr. med. Karl Mathwig mit Frau Frieda, seine Schwester Rosemarie, geb. 1931, und Bruder Horst-Rüdiger, geb.1940, im Januar 1945 mit dem eigenen PKW geflüchtet waren und in Eichede (einem kleine 0rt) in der Nähe von Bad Oldesloe/Schleswig Holstein Zuflucht und Wohnung gefunden hatten.

Ich selbst habe über eine Tante in Fürstenwalde/ Spree die Information erhalten, daß meine Mutter mit meinem Bruder 0skar (1933 geboren) im Heimatort meines Vaters, in Bölkendorf, Kreis Angermünde angekommen waren. Meine ältere Schwester Luise-Charlotte (1925 geboren) ist in Meseritz in die Hände der Russen gefallen, konnte sich befreien und hat Zuflucht bei Verwandten in Berlin-Niederschönhausen gefunden.

Mein Vater wurde 1943 von Meseritz aus als Geschäftsführer einer landwirtschaftlichen Genossenschaft in die Stadt Mielau/Mlava Südostpreussen dienstverpflichtet. AIs die russische Armee vorrückte, begab er sich mit Pferd und Wagen auf die Flucht gen Westen. So erreichte er seinen Geburtsort Bölkendorf, nahm seine Familie auf, fuhr mit Pferd und Wagen weiter Richtung Westen bis nach Celle in Niedersachsen. Als er hier für sich und seine Familie keine Lebensgrundlage fand, fuhren sie mit demselben Gespann (Pferd und Wagen) nach Bölkendorf zurück. Hier erlebten sie den Einmarsch der Russen und nahmen sie als Besatzer wahr.

Ich besuchte von Bölkendorf aus die Oberschule in der Kreisstadt Angermünde. Eines Tages wurde in diesem Umfeld bekannt, daß in der Frühe von den Russen mehrere Schüler abgeholt worden waren. Meine Eltern waren sehr in Sorge. Im Juni 1946 verließ ich mit einem offiziellen Abgangszeugnis die 0berschule in Angermünde. Ich verließ über Friedland die DDR und fand Unterkunft bei der Familie Dr. Mathwig in Eichede/Schleswig-Holstein, die sich ja inzwischen hier etabliert hatte.
Von Eichede aus besuchte ich als „Fahrschüler“ die Oberschule in Ahrensburg und machte hier im Februar 1948 mein Abitur. Nach einer regulären kaufmännischen Ausbildung war ich als Schiffsmakler tätig bis zu meinem Ruhestand im Jahr 1991.


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Mit der Familie Mathwig blieb ich weiter in Verbindung. Es entwickelte sich mit Tochter Rosemarie eine sehr gute freundschaftliche Beziehung. Rosemarie war übrigens durch die Schulzeit in Meseritz mit Brunfriede Fischer v. Mollard gut bekannt.

Kuno Eichstädt - LebensberichtWir heirateten in Hamburg am 17. Juli 1964. Rosemarie war damals als Pharma-Kauffrau im Büro von Bayer am Kudamm in Berlin tätig. Sie kam nach Hamburg und nahm als Pharma-Referentin im Außendienst eine Tätigkeit für die ICHTYOL-Gesellschaft auf, die sie bis zu ihrem Ruhestand 1991 ausübte. Wir bezogen nach unserer Hochzeit im östlichen Bezirk von Hamburg ein von uns geplantes und für uns gebautes Atrium-Haus - Grundstück mit Garten. Nach einer sehr glücklichen Ehe ist Rosemarie leider im November 2017 im 86. Lebensjahr infolge einer schweren Krebserkrankung verstorben. Unsere Ehe ist leider kinderlos geblieben.

In Berlin gibt es jetzt nur noch eine Nichte, die auch ohne Nachkommen verheiratet ist; so stirbt die Familie Mathwig aus.

Dr. med. Karl Mathwig, geb. 24.02.1889, gestorben 08.02.1960
Frieda Mathwig geb. Swirski, geb. 13.01.1900 gestorben 03.04.1992.

Alle sind hier auf unserem Familiengrab zusammen mit meinen Eltern und meiner Schwester beigesetzt worden.