wappen posenZeugen unserer Geschichte
Wappen der Stadt Birnbaum

Zeichnung: Prof. Otto Hupp
Text: Joachim Schmidt

Für das Stadtgebiet von Birnbaum zwischen Warthe und Küchensee gibt es Anhaltspunkte, die auf eine Besiedelung schon in vorgeschichtlicher Zeit hinweisen.
Die erste Beurkundung einer geschlossenen Siedlung, die zwischen den Handelswegen zu Wasser und zu Land liegt (Miedzychód – „zwischen den Wegen“) läßt sich auf das Jahr 1378 zurückführen.
Mit Hilfe der Zisterzienser und deutscher Siedler, Bauern und Handwerker, zumeist aus dem Neumärkischen, vergrößert sich der Ort. Am Ende des 14. Jh. erhält die Siedlung Birnbaum Stadtrecht.
Zunächst ist Birnbaum Eigentum verschiedener polnischer Grundherren. 1579 erwirbt Christoph v. Unruh die Stadt an der Handelsstraße zwischen Warthe und Küchensee.
Über 200 Jahre beeinflußt die Familie v. Unruh Leben und Wachstum der Stadt, deren Anteil deutscher Bürger sich bis auf zwei Drittel der Stadtbewohner vergrößert.
1793 kommt Birnbaum nach der 2. Teilung Polens mit dem Posener Land zu Preußen.
Bis 1818 gehört Birnbaum zum Kreis Meseritz und wird danach Kreisstadt eines eigenen Kreises.
1888 erhält Birnbaum Eisenbahn und wird mit zwei Bahnhöfen und den Anschlüssen nach Posen, Pinne, Bentschen, Meseritz und Schwerin zu einem Schnittpunkt zwischen der weiter nördlich verlaufenden Ostbahn und der südlich verlaufenden Posener Bahn.
1899 erhält die Stadt ein Gaswerk.
Eisenbahn, der Wasserweg der Warthe und Braunkohlenvorkommen bewirken die Gründung von Fabriken: Eisengießerei, Maschinenbau, Tabakverarbeitung, Dampfmühle, Brauerrei, Ziegelei und eine große Obst und Gemüse verarbeitende Konserven- und Marmeladenfabrik verändern das Stadtbild und ermöglichen um 1900 einen bescheidenen Wohlstand.

Birnbaum - alte AnsichtZu dem veranlassen Moorlager und das milde Klima durch Wälder und Seen die Stadt, sich zu einem Kurort zu entwickeln.
Nach dem Ende des 1.Weltkrieges wird durch den Vertrag von Versailles Birnbaum mit dem größten Teil der Provinz Posen wieder polnisch.
Deutsch, zum Warthegau gehörend, ist Birnbaum noch einmal während des 2. Weltkrieges von September 1939 bis Januar 1945.

Die Stadt brachte berühmte Persönlichkeiten hervor: Von bleibender Bedeutung sind aus dem jüdischen Bürgertum Birnbaums die Brüder Leonhard (1849-1914) und Oskar Tietz (1858-1923) mit ihrem Onkel Hermann, ebenso der Maler Lesser Ury (1861-1931), der neben Liebermann wohl größte deutsche Impressionist .
Die über 700 Jahre alte Stadt hat in ihrer langen Geschichte sicher über ein Siegel verfügt. Daß es sich dabei um das Wappen des jeweiligen Grundherren handelte, ist möglich – war auch üblich.

Nach unseren Kenntnissen gibt es für ein über 700 Jahre altes unverändertes Stadtwappen keinen Beleg. Der, wie eingangs beschriebene, Grundherrenwechsel oder die mehrfache Vernichtung der Stadt durch Brand können dafür Ursache sein.
Prof. Otto Hupp schreibt in seinem Sammelband über die Ortswappen im Königreich Preußen: „Das erste bekannte Siegel der Stadt Birnbaum stammt aus der Zeit um 1600, doch das hübsche Bild der Burg in der Baumkrone dürfte wohl früher entstanden sein.“ Beim Anschluß an Preußen (1793) ließ man die Burg weg, nahm sie aber im letzten Viertel des 19.Jh. wieder auf.
Das Wappen zeigt in Silber einen bewurzelten grünen Birnbaum mit goldenen Früchten, in dessen Krone eine torlose, rote Burg mit drei Zinnentürmen schwebt. Der Namen der Stadt sowie das Wappen sind sicher auf schon sehr frühe deutsche Siedler zurückzuführen.

Das heutige Miedzychód steht zu seiner deutschen Geschichte und schmückt sich mit dem alten deutschen Wappen – dem schönen Birnbaum.

Text (auszugsweise) und Zeichnung stammen von dem bekannten deutschen Heraldiker und Maler Prof. Otto Hupp, welcher ein Sammelbuch «Die Ortswappen des Königreichs Preußen» Heft: Provinz Posen, 1910 gestaltet und herausgegeben hat.
Prof. Hupp lebte von 1859 bis 1949. Neben der Herausgabe eines 4-bändigen Werkes: «Wappen und Siegel der deutschen Städte, Flecken und Dörfer», wurde er u. a. bekannt durch Wandgemälde im alten Reichstag und im Bayerischen Nationalmuseum.