FOTOGRAFIEN - ZEUGEN DER GESCHICHTE

Erinnerungen an Photo Schober in Betsche
Urike und Joachim Schober - Fotos: Alfons Schober

Erinnerungen an Photo Schober in Betsche
Mein Vater Alfons Schober war in Betsche Volksschullehrer und hatte Musik mit den hauseigenen Instrumenten: Flügel und Geige und Fotografieren, mit einer eigenen Dunkelkammer, als Hobby. Autodidaktisch sich einbeinig - im ersten Weltkrieg das rechte Bein amputiert - Orgelspielen selber beigebracht, war er auf Bitten von Probst Krug ehrenamtlich Organist geworden, weil die Stelle vakant war, und ich wurde auf dem Blasebalg gelegentlich sein Orgeltreter.

Von dem Fotografie-Hobby wußte der Bürgermeister Dr. Willers und hatte ihn gebeten, von Betsche und seiner Umgebung Aufnahmen zu machen und im Schreibwarengeschäft Nikolinski als Bilder zum Kauf auszulegen, um Betsche als Luftkurort öffentlich bekannt zu machen. Zu »Photo Schober« geworden, bot er Bilder zum Anschauen und als postalische Ansichtskarten zum Versand an. Aus Qualitätsgründen machte er alle Aufnahmen ausnahmslos nicht freihändig, sondern von einem Stativ.

Erinnerungen an Photo Schober in Betsche
Erinnerungen an Photo Schober in Betsche
Das obige Bild mit den drei Wahrzeichen: evangelische Kirche, katholische Kirche und Lisseks Stadtmühle dekorierte eine Wand in unserem Wohnzimmer.

Erinnerungen an Photo Schober in BetscheDie mit weitem Abstand am meisten verkauften Fotos und Postkarten waren die von der Katazyne (Katharinen-Halbinsel ), und das hat folgenden historischen Hintergrund: Mein Vater wählte für seine Bilder die Motive so aus, daß sie einen fototechnischen Rahmen hatten, bei der Katazyne die Kronen von zwei Ulmen. Bei dem ersten Bild - ich habe davon leider keines - waren nur die Bäume mit Blick über den See auf die Stadt abgelichtet. Herrn Dr. Willers gefiel das Bild sehr, nur es fehlte ihm das Leben. Das brachte meinen Vater auf die Idee, seine auf Besuch gekommenen Brüder an der linken Ulme stehend, zu fotografieren.
Herrn Dr. Willers gefiel das Foto. Seine geäußerte Kritik, daß der Blick auf die Gruppe von dem See mit der Stadt ablenken werde, brachte meinem Vater die Idee, den damals Jüngsten von uns Kindern, Reimund, am Ufer der Badestelle stehend mit Blick über den See auf die Stadt zu fotografieren.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheHerrn Dr. Willers gefiel das Bild mit der Frage: „Wer ist dieser Junge?“ Beim Betrachten kam meinem Vater die Idee, die wegschwimmenden Gänse vorbei schwimmend zu fotografieren. Von ihrem Geschnatter bei der Futtersuche im Schilf wissend, nahm er meine Mutter mit. Er baute den Fotoapparat auf, meine Mutter ging mit gesammelten Steinen auf dem rechten Seeweg bis zum Geschnatter. Alles klar, bat er sie, Steine in das Schilf zu werfen, um die Gänse zu verjagen. So ist dieses Foto als sogar zweifarbiges Bild und Postkarte entstanden.

Erinnerungen an Photo Schober in Betsche
Erinnerungen an Photo Schober in Betsche

Das Haus Gluschke in der Kirchstraße musste abgerissen werden. Wegen des Alters war mein Vater gebeten worden, für das Stadtarchiv von dem Gebäude ein Bild zu machen. Das machte er mit der Eigentümerin auf der Bank sitzend. Die Blüten auf dem Strauch sind eine Fälschung, sie sind viel zu groß. Es sind gemachte Kratzspuren meines Vaters auf der gläsernen Fotoplatte.


Erinnerungen an Photo Schober in Betsche

Das ist der fotografierte untere Teil des Schneckenbergs.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheBlick über die Samelne auf die Stadtmühle Lissek und die katholische Kirche. Das Bild ist wieder typisch „Photo Schober“: fotografisch eingerahmt und Dr. Willers Wunsch berücksichtigt: tierisch belebt.


Erinnerungen an Photo Schober in Betsche

Das dreirädrige Behinderten-Fahrzeug machte Suchen nach fotografischen Motiven auch außerhalb der Stadt möglich. Zur Sicherheit nahm er auf dem hinteren Sitz als Schieber immer meine Mutter und auch schon mal mich mit.


Erinnerungen an Photo Schober in Betsche

Blick vom Hohen Berg auf einen Teil der Stadt.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheVon den vielen fotografierten Waldseen habe ich aus dem Familienalbum dieses Bild ohne Datum vom Großen Golin wegen des Blickes auf die Jagdhütte von Bernhard Konopka, Weidenhandlung ausgewählt.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheDieses Bild, mit mir und Norbert dekoriert, ist gemacht an der Berührung des Fußes des Hohen Bergs mit dem Chlopsee. Von Betsche um den Hohen Berg vorbei am Chlopsee zur deutsch-polnische Grenze, auf dem Grenzweg rüber zum Ziegelsee und von hier wieder zurück nach Betsche war ein sehr beliebter Wanderweg.


Erinnerungen an Photo Schober in Betsche

Dieses Bild aus dem Familienalbum habe ich als alleinige Winteraufnahme von Betsche mit seinem Stadtsee ausgewählt und eingefügt. Es ist unterschrieben mit: „Kalte Heimat“.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheZum hohen Berg gab es noch zwei Aussichtspunkte: Kaczmareks Berg und den Betscher Stadtpark. Von hier habe ich je zwei Fotos ausgewählt. Von Kaczmareks Berg den Blick auf Lisseks Stadtmühle und die katholische Kirche dekoriert mit Tochter Ulrike.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheBlick über die Tirschtiegeler Chaussee auf die Stadt mit beiden Kirchen und dem Hohen Berg.


Erinnerungen an Photo Schober in Betsche

Blick vom Betscher Stadtpark den Blick auf die katholische Kirche, dekoriert mit meinen Geschwistern Reimund und Sieglind.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheDieses Foto mit Lisseks Stadtmühle hat mein Vater 1938 gemacht.


Erinnerungen an Photo Schober in BetscheDas ist der fotografierte Schlagbaum der deutschpolnischen Grenze am Chlopsee.


Am 1. Juli 1945 aus Betsche/ Pszczew vertrieben und alles zurückgelassen, hat mein Vater mit Neuanfang in der DDR Klavier und Geige und 1954 in der BRD eine Geige, aber kein Klavier neu angeschafft, aber nie wieder einen Fotoapparat. Warum nicht? Die Antwort hat er 1980, 83jährig mit ins Grab genommen. Als er am 29. Januar 1945 in Betsche in russische Hände fiel, wurde seine Dunkelkammer vollständig zerstört. Kriegswichtig? Bei ihrem Abzug aus Betsche hatten sie Vaters Flügel mitgenommen.