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					Laudatio für den Kulturpreisträger 2014 
						Bischof Dr. Johannes Launhardt 
					Dr. Martin Sprungala  
					 
					Bei ihrem 13. Bundestreffen in Münster stiftete die  
					Landsmannschaft Weichsel-Warthe ihren Kulturpreis für  
					verdiente Mitarbeiter und Kulturschaffende aus dem  
					Raum von Weichsel-Warthe. Im Jahr 1985 wurde er  
					anläßlich des 14. Bundestreffens erstmals verliehen.  
					Traditionell wird der Kulturpreis seither bei den Kulturtagungen  
					verliehen.   
					In diesem Jahr ehrten wir einen „Birnbaumer Jungen“.  
					So bezeichnete sich der Auszuzeichnende selbst im  
					Gottesdienst bei der Gedenksteineinweihung in Birnbaum  
					(Miedzychód) am 1.9.2013. Zeitgleich wurde das  
					3. Birnbaumer Welttreffen in seiner Heimatstadt abgehalten,  
					zu dessen Thema sein Lebenslauf durchaus  
					paßt. Ich will im Folgenden nachzeichnen, wohin das  
					Schicksal ihn und seine Familie verschlagen hat.  
  
					 
					Die Familie Launhardt stammte aus dem  
					hessischen Usingen, auch wenn sie in ihrer neuen  
					galizischen Heimat seit 1786 als „Pfälzer“ bezeichnet  
					wurden. Der Vater, Johann Launhardt (1897-1964)  
					stammte aus Dornfeld (ukr. Ternopillja) in Galizien, von  
					wo er 1925 kriegsbedingt nach Miedzychód/Birnbaum  
					kam und 1926 Grethe Laabs (1898-1933) aus Groß  
					Neudorf im Kreis Bromberg heiratete, mit der er drei  
					Kinder hatte.   
					Johann legte in Posen die Handwerkerprüfung ab  er  
					sprach fließend Polnisch und Ukrainisch  und betrieb  
					fortan in Birnbaum ein eigenes Geschäft.  
					Am 8.9.1929 wurde Johannes Launhardt in Birnbaum,  
					im direkten Grenzkreis nach Deutschland, geboren.  
					Bereits 1933 verlor er seine Mutter. Sie wurde  
					auf dem evangelischen Friedhof in Birnbaum beerdigt.  
					Im Jahr 1935 wurde Johannes schulpflichtig und  
					besuchte mit anderen Söhnen der deutschen Minderheit  
					im Posener Land die Deutsche Privatschule in  
					Miedzychód/ Birnbaum bis 1939. Daran schloß er die  
					Birnbaumer Volks-und Mittelschule bis 1944 an, um anschließend  
					eine kaufmännische Lehre in Otterswalde  
					(Otorowo, Kr. Samter) zu beginnen.   
					Der Krieg zwang ihn, diese Ausbildung für den  
					sog. Osteinsatz zu unterbrechen. Im Frühjahr  
					mußte sich auch Johannes Launhardt auf die  
					Flucht vor der Roten Armee gen Westen begeben.  
					Mit einem Militärlastwagen ging es in das  
					Aufnahmegebiet nach Pritzwalk in der Ost-  
					Prignitz, wo er bis Ende 1945 das Leben in  
					der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) mitbekam.   
					Die Familie zog dann weiter in die  
					britische Zone, nach Lübeck, wo er nun die  
					Oberschule bis 1948 besuchte und abschloß.  
					Der Vater suchte hier den Kontakt zu Leidensgenossen  
					und war von 1954 bis 1962  
					Vorsitzender der LWW-Kreisgruppe Lübeck.   
					Nach der Oberschule ging Johannes  
					Launhardt von 1948 bis 1949 in den Diakonischen  
					Dienst und begann ein Theologiestudium  
					in Bethel. Von hier aus schickte man  
					ihn 1949 zum weiteren Studium nach Hermannsburg,  
					Birmingham in England und  
					letztlich nach Hamburg, wo er 1956 abschloß.  
					Im selben Jahr heiratete er seine Frau,  
					Christa Tuttas, und begab sich mit ihr in die große weite  
					Welt, nämlich nach Äthiopien  hier wurden auch seine  
					drei Töchter geboren. Von 1957 bis 1965 war er Pastor  
					der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in der  
					Landeshauptstadt Addis Abeba und zudem Religionslehrer  
					an der dortigen Deutschen Schule.  
					Von 1965 bis 1968 fungierte er als Schulleiter  
					der äthiopischen Volks- und Mittelschule und der  
					Onesimus-Nesib-Bibelschule im westäthiopischen Aira.  
					Die nächste Station seines Wirkens von 1968 bis 1976  
					war der Aufbau eines Lehrlingsheims und neuer Gemeinden  
					in Addis Abeba. Hier war er Lehrer der Oromo-  
					Sprache und Dozent am Theologischen Seminar  
					„Mekane Yesus“.
   
					Der Bürgerkrieg und Sturz des Kaisers Haile  
					Selassi zwang die Familie Launhardt im Jahr 1976 zur  
					Rückkehr nach Deutschland. 
					Hier wurde er bis 1984 im Aufbau weiterer Gemeinden  
						in Deutschland und zu Vortragstätigkeiten eingesetzt.  
						In diese Zeit (1978) fällt auch sein erster Besuch in Polen  
						nach 1945. Im Privatauto fuhr er mit seiner Familie nach  
						Miedzychód/Birnbaum. Sein bedrückendstes Erlebnis  
						war der verwüstete evangelische Friedhof mit dem Grab  
						seiner Mutter.   
						In den Jahren nach seiner Rückkehr aus  
						Äthiopien riß sein Kontakt zu seiner alten Gemeinde  
						nie ab und 1984 folgte er seinem Ruf in das marxistische  
						Äthiopien, wohin ihn auch seine Frau begleitete.  
						Die Kinder blieben in Deutschland, denn Äthiopien war  
						damals ein sehr gefährliches Land, in dem weiterhin  
						Bürgerkrieg herrschte.   
						Von 1984 bis 1991 stand Johannes Launhardt  
						im Dienste der Finanzverwaltung in der Äthiopischen  
						Evangelischen Mekane Yesus-Kirche. Er arbeitete am  
						Gemeindeaufbau, in der Hungerhilfe, betreute politische  
						Gefangene und war in der Lehr-und Predigtarbeit tätig.  
						Selbst in der Zeit des Sturzes des marxistischen Regimes  
						blieb er  beschützt von seiner Gemeinde  in  
						der Landeshauptstadt. Erst 1991 kehrte Johannes nach  
						Deutschland zurück und lebt seither in Hermannsburg,  
						wo er 1992 in den (Un-) Ruhestand eintrat.   
						Bereits 1991 wurde er Mitglied der Gemeinschaft  
						Evangelischer Posener (Hilfskomitee) e.V. und bereits  
						im darauffolgenden Jahr 1992 wurde er zum Vorsitzenden  
						der Gemeinschaft gewählt. Er bemühte sich in dieser  
						Zeit um einen guten Kontakt zu den Glaubensbrüdern  
						in Polen. Dort war der gravierendste Einschnitt der  
						Entwicklung in seiner Amtszeit der Bombenanschlag  
						auf das Büro der deutschen Minderheit in Posen.  
						Damals bemühten sich die Johanniter um die  
						Übernahme des Posener Altenheims in Lüneburg, wogegen  
						er aber war. Dies wurde erst einige Jahre später  
						realisiert.  
						Lange hielt e s Johannes Launhardt nicht in der  
						Lüneburger Heide. Man bat ihn in der zusammengebrochenen  
						Sowjetunion beim Aufbau der evangelischen  
						Kirche zu helfen und so ging er bereits 1993 als Ehrenamtlicher  
						in den pastoralen Dienst in Baschkirien am  
						Ural.  
  
						1994 folgte ein Ruf in die Landeshauptstadt, wo  
						er bis 1997 als Propst von Moskau und Zentral-Rußland  
						(ELKRAS) tätig war. Trotz seines Alters hatte er  
						inzwischen auch noch die russische Sprache erlernt.  
						Anfangs versuchte er noch beide Ehrenämter zu  
						vereinbaren. 1994 mußte er dann aber den Vorsitz im  
						Posener Hilfskomitee niederlegen, da diese Aufgabe  
						vom fernen Rußland aus nicht auszufüllen war.  
						1998 kam eine andere Aufgabe auf Johannes  
						Launhardt zu. Er wurde Mitarbeiter der Zurüstungen in  
						Zentral-Rußland und Sibirien, die natürlich angesichts  
						der Größe des Landes nur punktuell ausgeübt werden  
						konnten.   
						Als letzte Station seines beruflichen Wirkens in  
						Rußland folgte 2006 die Berufung zum Bischof der  
						Evangelisch-Lutherischen-Kirche im Südkaukasus,  
						wozu Georgien, Aserbaidschan und Abchasien gehörten.  
						Dieses Amt übte er zwei Jahre lang bis 2008 aus.  
						Als wären all diese Aufgaben und Arbeiten noch  
						nicht genug, setzte sich Johannes zudem noch an eine  
						wissenschaftliche Arbeit und schloß 2004 seine Promotion  
						zum Dr. phil. im Fachbereich Orientalistik an der  
						Universität Hamburg mit Erfolg ab. Auch ansonsten hat  
						er stets viel publiziert. Zu seinen Veröffentlichungen  
						gehören ein Lehrbuch der Oromo-Sprache, verfaßt in  
						Englisch, die „Geschichte des Protestantismus in Addis  
						Abeba 1919-1991“ und in deutscher Sprache drei Bücher  
						über äthiopische Themen und Erlebnisse.   
						Daß so ein Leben nicht nur der Würdigung durch  
						die Landsmannschaft Weichsel-Warthe (LWW) bedarf  
						ist selbstverständlich. Im Jahr 1975 erhielt Johannes  
						Launhardt das Bundesverdienstkreuz am Bande für  
						soziales Engagement in Äthiopien, für ein Straßenkinder-  
						Projekt, und 1991 das Bundesverdienstkreuz 1.  
						Klasse, für Engagement in der Hungerhilfe und für politische  
						Gefangene.   
					Und in diesem Jahr kam noch der Kulturpreis der LWW hinzu für sein Engagement in seiner Heimat und für seine völkerverständigende Arbeit. Seit Jahren ist der Auszuzeichnende für die Posener und Posener Heimatkreise tätig. Im Jahr 2002 leitete er den ökumenischen Gottesdienst mit Weihe eines Gedenksteins auf dem ehemaligen Evangelischen Friedhof in Trzciel/Tirschtiegel. 2003 folgte hier mit einem ökumenischen Gottesdienst und Prozession die Weihe eines großen Holzkreuzes mit Kruzifix. 2004 wurde nach einem ökumenischen Gottesdienst ein Gedenkstein auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Neutomischel/Nowy Tomysl geweiht. In seiner Heimatstadt folgte 2007 die Weihe einer Gedenktafel für die verstorbenen Deutschen auf dem neuen kommunalen und katholischen Friedhof. In den Jahren 2009 bis 2011 nahm er an weiteren Besuchen in Miedzychód/ Birnbaum teil, 2011 und 2012 an Studien- und Begegnungsfahrten nach Posen, Gnesen, Lodz, Krakau, Warschau und Lemberg, u. a. mit dem Galiziendeutschen Hilfskomitee. Im Jahr 2013, in dem der Laudator ihn persönlich kennenlernte, war Johannes Launhardt besonders rege. Er leitete den ökumenischen Gottesdienst in Pinne/ Pniewy (Kr. Samter) und die Neu-Weihe des Waldfriedhofs in Bialokosch /Bialokosz der Familie von Massenbach.  
					Bereits eine Woche später wurde der Gedenkstein in Dürrlettel/Lutol Suchy für die Opfer des Massakers von 1945 eingeweiht. Und im Herbst 2013 nahm er am III. Birnbaumer Weltkongreß teil, bei dem am 1.9.2013 nach einem ökumenischen Gottesdienst in der ehemaligen evangelischen Lindenstädter Kirche in Birnbaum eine Gedenktafel zur Erinnerung an die evangelischen Deutschen auf dem Kirchengrundstück geweiht wurde. Im Anschluß daran begaben sich alle Beteiligten zur Kranzniederlegung am Denkmal der polnischen Gefallenen des 2. Weltkriegs. 
					 
						Nach dieser Veranstaltung war Johannes  
						Launhardt noch Gast von Bischof Bronislaw Dembowski  
						in Wloclawek/Leslau a. d. Weichsel.   
					Die Landsmannschaft Weichsel-Warthe und alle  
						Posener Heimatkreise, für die er tätig war und ist, danken  
						ihm für seine Versöhnungsarbeit und hoffen auf  
						noch viele Impulse für diese Arbeit von ihm. 
					 
					 
					 
						 
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