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Ortsbuch Kreis Meseritz
Altenhof (poln. Stary Dwór)
Dr. Wolfgang Kessler
Altenhof = Stary Dwór, Kreis Meseritz, 1945:
pow. Miedzyrzecz (woj. Poznan); 1975: woj.
Gorzów, 1999: gmina Trzciel, pow. Miedzyrzecz,
woj. Lubuskie. – Dorf, 14 km süd.stlich von
Meseritz, 46 km nördlich von Zielona Góra (Grünberg),
53 km süd.stlich von Gorzów Wielkopolski
(Landsberg/Warthe), im Grenzgebiet der Lebuser
Seenplatte (Pojezierze Lubuskie) und der
Bentschener Furche (Bruzda Zbaszynska).
Bis 1793: Königreich Polen, Wojewodschaft
Poznan, powiat Miedzyrzecz; 1793: Königreich Preußen, Provinz Südpreu.en, Kammerdepartment
Posen, Kreis Meseritz, 1807: Ksiestwo
Warszawskie, Duché de Varsovie, Herzogtum
Warschau; 1815: Altenhof, Königreich Preußen,
Provinz Posen, Regierungsbezirk Posen, Kreis
Meseritz; 1922: Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen,
Regierungsbezirk Schneidemühl; 1938:
Provinz Brandenburg; 1945: powiat Miedzyrzecz
(woj. Poznan); 1975: woj. Gorzów, 1999: gmina
Trzciel, pow. Miedzyrzecz, woj. Lubuskie. –
Schulzendorf (wies solecka).
Fläche: 12,677 ha (1925). – Amtsgericht: Meseritz.
– Postbezirk: Dürrlettel. – Einwohnerzahl: 1885:
385; 1910: 335; 1925: 423; 1939: 408; 2020:
360.
Evangelische Kirche (bis 1945) -> Bauchwitz. –
Katholische Kirche: 1922: Dekanat Betsche, Bistum
Schneidemühl; Pfarrkirche St. Laurentius
(1933-1935 an der Stelle der früheren gotischen
Kirche erbaut)., 1945ff. Kosciól pw. sw. Warzynca;
1972: Bistum Zielona Góra-Gorzów Wkp. –
Kirchenbücher:
Katholisch (bis 1875) vgl. Grüneberg,
Georg: Kirchenbücher, Kirchenbuch-Duplikate und
Standesamtsregister der ehemals brandenburgischen
Kreise Königsberg, Soldin, Landsberg,
Arnswalde, Friedeberg, Ost- und Weststernberg,
Crossen, Züllichau-Schwiebus, Guben und Sorau
(östl. der Neiße), Schwerin, Meseritz, Bomst. Lenzen
2021. – Evangelische Kirche -> Bauchwitz. –
Standesamt Brojce (Brätz);
Standesamtsregister:
1874-1899 Archiwum
Panstwowe Gorzów Wkp.;
1900-1945 Urzad Stanu
Cywilnego Miedzyrzecz
Grundbuch: Sad Rejonowy
Miedzyrzecz: Grundakten
1828-1944 (47 Akten);
Archiwum Panstwowe,
Gorzów Wkp.: Grundbuch
(5 Akten); Archiv:
Archiwum Panstwowe,
Gorzów Wkp
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Ausschnitt aus: Topografische Karte 1:50.000 (Meßtischblatt) 3660 (1934)
Archiv HGr)
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Geographie
Altenhof liegt an der Kreuzung
der Straßen von
Brätz (Brójce) nach
Meseritz (Miedzyrzecz)
und von Paradies
(Goscikowo) nach Bauchwitz
(Bukowiec). Das Dorf
ist von Ackerland umgeben
und liegt in einem abwechslungsreichen
Gelände,
das reich an Baumgruppen
und Sträuchern
ist. Die Siedlung ist umgeben
von großen Waldgebieten,
mehreren Seen
und zwei kleinen Flüssen.
Westlich von Stary Dwór, in der Senke der Paklitz (Paklica) und Faule Obra
(Gna Obra), befindet sich ein Natura-2000-Gebiet,
ein von der EU geschütztes Naturschutzgebiet.
Das Tal ist mit Kiefernwäldern bedeckt,
entlang der Wasserläufe und Seen finden sich
Eichen- und Buchenwälder. 1972 wurde ein Teil
eines artenreichen Feuchtgebietswaldes unter
besonderen Schutz gestellt, das Naturschutzgebiet
der Schwarzen Straße (Czarna Droga).
Geschichte
Das Dorf entstand vermutlich in der ersten Hälfte
des 13. Jahrhunderts als Vorwerk des Dorfes Wischen
(Wyszanowo). Es wurde erstmals im Jahr
1256 erwähnt, als, so die Legende, Sulislaw, der
Besitzer, es an die Zisterzienserabtei Paradies
veräußerte. Die dortigen Mönche kamen aus dem
Zisterzienserkloster Lehnin (heute Land Brandenburg,
Landkreis Potsdam-Mittelmark) und siedelten
deutsche Siedler an. Der Ort war von Anfang
an mit Großpolen verbunden. In lateinischen Dokumenten
wird er 1444 als „Staridwor“, 1460 als
„Starydwor“, 1510 als „Antiqua Curia“ bezeichnet,
was vermuten lässt, dass das Dorf als Verwaltungs-,
vielleicht auch als Handwerkszentrum
gedacht war. 1540 finden wir „Altenhoffe“, 1559
„Altenhoff“. Seit dem Anschluss an das Königreich
Preußen 1793/1815 ist der amtliche Ortsname bis
1945 „Altenhof“. Seit 1945 ist der amtliche polnische
Ortsname Stary Dwór.
Mittelalter
Das geistliche Dorf war Eigentum der Äbte von
Paradies und lag 1580 im Kreis Posen der Wojewodschaft
Posen. Das Dorf gehörte zum Komitat
Poznan der Krone des Königreichs Polen. 1444
war es Sitz einer eigenen Pfarrei. Das erste
Kirchengebäude wurde vermutlich um die Wende
vom 14. zum 15. Jahrhundert errichtet, eine
Kirche wurde 1444 im Zusammenhang mit dem
Streit zwischen dem Pfarrer Matthias und dem
Zisterzienserkloster Paradies um ein Stück Land
erwähnt. Im Jahre 1460 schlichtete der polnische
König Kasimir IV. Jagiellonczyk den Streit zwischen
dem Abt von Paradies und dem Lehnsherrn
in Meseritz. Danach waren die Klosterdörfer Wischen
und Altenhof anders als andere Klosterdörfer
nicht verpflichtet, Schweine an die Burg in
Miedzyrzecz abzuliefern, mussten aber Dienste
erbringen, also pflügen, säen und ernten sowie
der Burg Holz überlassen.
Frühe Neuzeit (bis 1793)
Das Grenzregister aus den Jahren 1528–1531,
das den Verlauf der Grenze zwischen dem Herzogtum
Glogau (Glogów, Schlesien), dem Kurfürstentum
Brandenburg und dem Königreich Polen
regelte, erwähnt die Dörfer Lagowitz (Lagowiec)
und Altenhof im Königreich Polen. Die Ideen des
Protestantismus wurden nach 1517 im polnischbrandenburgischen
Grenzgebiet sehr schnell
übernommen. Die Kirchen in Wischen und Altenhof
gingen vorübergehend in die Hände der protestantischen
Seite über. Ausschlaggebend dürften
auch wirtschaftliche Erwägungen gewesen
sein, d.h. die Freiheit von Abgaben an die katholische
Kirche. An der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert
kehrten die Kirchen von Altenhof und
Wischen unter König Sigismund III. Wasa an die
katholische Seite zurück.
Nach den Aufzeichnungen der Visitation im Jahre
1640 war die Kirche in Altenhof aus Ziegeln gebaut,
hatte einen Glockenturm und war in gutem
Zustand. Spätere Visitationen in den Jahren 1718
und 1725 bestätigen die Existenz von drei hölzernen
Altären, einem Chor, einer Kanzel und Sargporträts,
die an den Wänden hingen. Vor 1777
veränderte man die Ausstattung der Kirche, indem
ein Altar mit einem noch heute existierenden
Gemälde des Heiligen Laurentius aufgestellt
und eine Orgel installiert wurden. Damals entstanden
die Kirchenmauer und das heute noch an der
Straße nach Lagowiec stehende Herrenhaus
dwór. Am 8. und 9. Dezember 1768 fand in der
Kirche ein Geheimtreffen der adligen Führer der
Konföderation von Bar aus Großpolen (Wielkopolska)
gegen die russische Vorherrschaft statt.
Unter Preußen (1793-1807,1815-1945) und im
Deutschen Reich (1871-1945).
Im Zuge der Zweiten Teilung Polens wurde 1793
ganz Großpolen vom Königreich Preußen besetzt.
Die Provinz Südpreu.en bestand von 1793 bis
1807 als Provinz des Staates Preußen außerhalb
des Heiligen Römischen Reiches, Altenhof war
dort Teil des Kreises Meseritz und wurde im Friedensvertrag
von Tilsit (1807) Teil des Duché de
Varsovie (Herzogtum Warschau), dessen Westteil
mit der Provinz Posen im Wiener Kongress
1815 Preußen zugesprochen wurde. Die preußische
Regierung unternahm es, den Besitz der
römisch-katholischen Kirche zu liquidieren, und
im Jahre 1834 wurde das Kloster in Paradies auf gelöst, Altenhof wurde als Teil des Gutsbesitzes
Wischen mit einer Größe mit 8.262 ha (1843:
1.194 ha Domäne und 7 068 ha Bauernland) vom
preußischen Staat übernommen.
Mitte des 19.
Jahrhunderts hatte das Dorf 391 Einwohner, von
denen 80% Katholiken waren. Die Einwohner
waren überwiegend in der Landwirtschaft tätig,
nur wenige gingen einem Handwerk nach.
Das Leben des Dorfes drehte sich um die katholische
Kirche, die mit verschiedenen Organisationen,
Bruderschaften und Verbänden in Beziehung
stand, darunter einer Weihebruderschaft
(1908) und der franziskanischen Gemeinschaft
(1920).Der katholische Schematismus von 1928
nennt eine Frauengemeinschaft und eine marianische
Kongregation für junge Frauen. In Altenhof
gab es eine katholische Schule. 1935-1937
ersetzte die römisch-katholische St. Laurentius-
Kirche das alte Gotteshaus, dessen Ausstattung
teilweise übernommen wurde.
1939 zählte die Kommune Altenhof 408 Einwohner;
es gab ein Gasthaus, einen Laden, ein
Gemeinschaftshaus, eine freiwillige Feuerwehr
und das Dorf verfügte über eine Wasserversorgung
und ein Stromnetz.
Die Jahre 1945–1989
Ende Januar 1945 stand die Rote Armee vor dem
Dorf. Ein Teil der Einwohnerschaft flüchtete über
die Oder, bevor das Dorf von Einheiten der 69.
Armee der Ersten Weißrussischen Front unter
dem Kommando General Wladimir Kolpatschkas
besetzt und wenig später der polnischen Verwaltung
unterstellt und Stary Dwór benannt wurde.
Die verbliebene deutsche Bevölkerung wurde
Ende Juni 1945, noch vor der Potsdamer Konferenz,
in die Sowjetische Besatzungszone „umgesiedelt“.
Polnische Vertriebene aus den von der
Sowjetunion eroberten Ostgebieten Polens und
aus Zentralpolen kamen nach Stary Dwór. Nach
dem Krieg wurde das Dorf allmählich wieder besiedelt
und hatte 1955 412 Einwohner. 1952 entstand
eine landwirtschaftliche Genossenschaft,
ab 1956 die Staatliche Landwirtschaft. In Stary
Dwór gab es eine Grundschule, den Buch- und
Presseklub „Ruch“, die Freiwillige Feuerwehr und
den ländlichen Hausfrauenbund.
Die polnische römisch-katholische Parafia pw. sw.
Wawrzynca (Pfarrei St. Laurentius) wurde 1947
errichtet. Am 26. September 1947 war wieder ein
katholischer Pfarrer in Stary Dwór eingesetzt. Von
Anfang an waren Kirchenräte in der Pfarrei tätig
und organisierten die Renovierung der Kirche und
des Presbyteriums.
Die aktuelle Zeit seit 1989
Die Veränderungen im Jahr 1989 wirkten sich
negativ auf das Leben der Einwohner aus. Der
Staatliche Landwirtschaftsbetrieb wurde aufgelöst,
der Verein stellte seine Tätigkeit ein, und
1994 wurde die Schule geschlossen. Das kulturelle
Leben kam zum Erliegen. Die ländliche Bevölkerung
verarmte. Arbeitslosigkeit und sozialer
Abstieg haben viele Erscheinungen wie Alkoholismus
und soziale Ausgrenzung verursacht. Das
moderne Altenhof hat ca. 360 Einwohner. Im Dorf
haben sich keine Produktionsstätten angesiedelt,
man findet nur acht einzelne Bauernhöfe, eine
Grünfl.che und ein paar kleine Familienbetriebe.
Es gibt einen Sportplatz, einen Kinderspielplatz
und in der Ortsmitte neben der Kirche einen Festplatz
für die Organisation von Festen. Die kommunale
Infrastruktur ist mit lediglich 150 m Gehweg
und durchweg reparaturbedürftigen Straßen
ausbaufähig.
Nach der Schließung der Schule 1994 war die
Pfarrei die einzige soziale Einrichtung in Stary
Dwór. 2004 wurde der Verein „Unser Dorf von
morgen“ gegründet, der neben anderen Aktivitäten
im selben Jahr mit Förderung der Europäischen
Union eine Heimatchronik herausgegeben
hat.
Gutsbesitz
Die Domäne, also Staatsbesitz, Altenhof wurde
nach der Aufhebung des Klosterbesitzes an den
Oberamtmann Fuss verpachtet, Anfang des 20.
Jahrhunderts war hier die Familie Sarrazin tätig.
Das zweite Gut, das sich am süd.stlichen
Ende des Dorfes befand, wurde Mitte des 19.
Jahrhunderts von der Familie Margraf bewirtschaftet.
In den 1870er Jahren gehörte es Juliusz
(*1823) und Eustachia Kornelia Margraf geb.
Kalisz (*1841). Im Jahr 1879 wurde Wladyslawa
Franciszka Joanna Margraf-Spizewska, eine
Pionierin der professionellen Fotografie in Bromberg
(Bydgoszcz), in Altenhof geboren. Ihr Vater,
ein polnischer Aktivist, bewirtschaftete das Gut
bis 1891, danach ging er nach Posen. Später
wurde es von der Familie Fuss gepachtet.
Baudenkmäler
Die katholische Kirche des hl. Laurentius
(kosciól Wawrzynca). Sie wurde 1933-1935 anstelle
der mittelalterlichen Kirche erbaut und übernahm
wesentliche Elemente von deren von Abt
des Klosters Paradies Josef Górczynski (1722–
1742) zusammengetragenen Einrichtung (Hauptaltar,
Seitenaltäre) und die klassizistische Kanzel
aus der Zeit um 1800. An die alte Kirche erinnern
auch die erhaltene Kirchenmauer, die den
Kirchhof umgibt, und das Kirchhoftor mit der Jahreszahl
1772. Der moderne Kirchturm wurde 1932
an der Stelle eines alten hölzernen Turms errichtet
und erhielt eine Turmuhr. Die aus dem Jahr
1635 stammende Glocke ist eine der ältesten in
der Region.
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Kath. Kirche Altenhof, St. Laurentius, Foto: E. Mai, 1976 (Archiv HGr)
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Der Friedhof, an der Straße nach Bukowiec
(Bauchwitz) gelegen. Die neugotische Kapelle
und ein beeindruckendes Grabmal mit dorischem
Portikus sind erhalten geblieben.
Ein Gutskomplex mit einem restaurierten einstöckigen
Herrenhaus aus dem Ende des 18.
Jahrhundert mit Wirtschaftsgebäuden (Ende 19.
Jh.) und einem romantischen Park, der Anfang
des 19. Jahrhunderts angelegt und in der zweiten
Hälfte in einen Landschaftspark umgewandelt
wurde. Der Park hat eine Fläche von 2,2
Hektar vor allem mit Linden und Eichen, im süd.stlichen
Teil des Dorfes, neben der Straße nach
Lagowiec (Lagowitz). Nach dem Zweiten Weltkrieg
wurde das Anwesen von der Staatlichen
Landwirtschaft übernommen, seit 1998 in Privatbesitz,
renoviert.
Die Überreste des Parkkomplexes des anderen
Gutes und die Relikte des heute nicht mehr
existierenden anderen Gutshofs zwischen Altenhof
(Stary Dwór) und Wischen (Wyszanowo).
Benutzte Literatur
Hoffmann, Ernst: Wischen und Altenhof. – HGr. 44, 1972, S. 3-5.
Stary Dwór. Kronika malej ojczyzny. Mlodziea wsi Stary Dwór w ramach programu „Mlodziez“, Akcja 3 – inicjatywy grupowe. Stary Dwór / Red.: Marceli Tureczek. – Zielona Góra 2004. – Altenhof. Heimatchronik.
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