Besuch von Gästen aus Bremen im Museum in Miêdzyrzecz
Text und Fotos: Museum Meseritz

Obrawalde/Obrzyce – ein deutsch-polnisches Projekt auf gutem Wege
Teilnehmer unseres Heimatkreistreffens 2022 am 28. und 29. Mai in Paderborn werden sich an unsere Gäste aus Bremen erinnern. Wir hatten sie eingeladen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, unsere polnischen Freunde aus Meseritz/Miedzyrzecz und Posen/Poznan kennenzulernen und mit ihnen über den geplanten Besuch einer Bremer Delegation in Obrawalde und Meseritz zu sprechen (siehe. hierzu auch HGr 242/ Sept. 2022 ab S. 10). Dieser Besuch hat inzwischen stattgefunden – das Museum Meseritz hat uns hierzu einen Bericht mit Fotos zur Verfügung gestellt - Redaktion HGr.



Obrawalde/Obrzyce – ein deutsch-polnisches Projekt. Besuch aus Bremen in Miêdzyrzecz.Ein Bericht des Museums in Meseritz

Vom 25. bis 27. November hatten wir die Ehre, eine Delegation deutscher Aktivisten aus Bremen in unserem Museum zu empfangen. Durch die Zusammenarbeit zwischen Museumsdirektor Andrzej Kirmiel und Professor Harald Jenner, einem weltweit anerkannten Wissenschaftler, der sich mit dem Thema Sterbehilfe von Psychiatriepatienten im Dritten Reich befasste, kam der Kontakt zu lokalen Organisationen zustande.
Der deutschen Delegation gehörten Vertreter von Organisationen an, die mit der Psychiatrischen Klinik Bremen verbunden sind: Jannik Sachweh, Leiter des Krankenhausmuseums in Bremen, und Kai Seyffarth, ein Vertreter der Evangelischen Kirchengemeinde Bremen-Horn, die Familien von Euthanasie-Opfern verbindet. Krankheitsbedingt konnten die Vertreter des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Anke Büttgen und Matthias Sobotta, nicht teilnehmen.
Pastor Erich Busse aus Dresden, dem wir unbeschreiblich dankbar sind, leistete große Hilfe beim Übersetzen und Betreuen der Gäste.
Die deutsche Delegation legte zu Ehren von 10.000 Euthanasieopfern in der Heil-und Pflegeanstalt am Denkmal in Obrawalde/Obrzyce einen beeindruckenden Kranz nieder.

Nach einem Moment des Gedenkens zu Ehren der Patienten wurden die Gäste von der Direktorin der psychiatrischen Klinik in Obrzyce, Ewa Lewicka-Michalewska, zum Gespräch eingeladen. Die Direktorin äußerte sich zufrieden über den Aufbau einer Zusammenarbeit mit bremischen Organisationen und sprach sehr sachlich mit den deutschen Aktivisten über die Funktionsprinzipien des Klinikums in Bremen, über Betätigungsfelder und Finanzierungsfragen des Krankenhausmuseums und ließ sich mit Blick auf die Einführung ähnlicher Lösungen in Obrzyce über die Kooperation der Klinik mit Nichtregierungsorganisationen unterrichten.
Sie versicherte den Gästen ihre Sympathie gegenüber dem Projekt und erwähnte, dass solche Kooperationspläne bereits Anfang der 2000er Jahre im Krankenhaus in Obrzyce bestanden. Anschließend wurden die Gäste aus Deutschland von der Landrätin Agnieszka Olender empfangen, die den Gästen in Grundzügen den Kreis Miedzyrzecz vorstellte und sich positiv über die geplante Zusammenarbeit zwischen Bremen und Obrawalde äußerte.
Sie drückte auch ihre Befriedigung darüber aus, dass die ihr unterstellten Institutionen wie das Meseritzer Museum und die Oberschule an dem polnisch-deutschen Projekt teilnehmen würden. Besonders gefiel ihr die Idee eines Jugendaustausches zwischen Schülern der Meseritzer und der Bremer Schulen. Es ist beabsichtigt, dass sich an den Aufräumungsarbeiten auf dem Obrawalder Friedhof und der Enthüllung einer Gedenktafel am Ort der Massengräber gemeinsam deutsche und polnische Jugendliche beteiligen und auf diese Weise sowohl die Opfer ehren wie auch an die NS-Verbrechen erinnern.

Obrawalde/Obrzyce – ein deutsch-polnisches Projekt. Besuch aus Bremen in Miêdzyrzecz


ObrawaldeDie Delegierten aus Bremen besichtigten nicht nur den Gedenkraum in Obrawalde, sondern darüber hinaus auch verschiedene Denkmäler in Miêdzyrzecz, das Schloss und das Museum sowie das Gebäude der ehemaligen Volksschule. Sie hatten auch die Möglichkeit, sich die Befestigungsanlagen des Ostwalls anzuschauen und zeigten sich beeindruckt von der Schönheit des ehemaligen Zisterzienserklosters in Paradies/Paradyz.
Den größten Eindruck auf die Gäste hinterließ jedoch der Komplex der ehemaligen Heilanstalt in Obrawalde/Obrzyce, seine originalen Gebäude, unberührt von modernen Umbauten, in denen man den Geist alter Zeiten spüren kann. Die Deutschen machten viele Fotos und baten um Informationen über die Aktivitäten des Krankenhauses vor 1945 und nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie bedauerten, dass viele andere historische Krankenhäuser modern umgebaut wurden und dadurch den Retro-Charme des Krankenhauses wie in Obrzyce verloren haben.

Es verspricht eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Psychiatrischen Klinik Obrzyce und der Psychiatrischen Klinik Bremen zu werden. Beide Kliniken sind verbunden durch die tragischen Ereignisse von 1941-1945, als fast tausend Patienten aus Bremen in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde ermordet wurden. Die Erinnerung an diese Opfer ist in Bremen immer noch lebendig und deutsche Aktivisten sind dankbar, dass sie auf polnischer Seite die Bereitschaft gefunden haben, mitzuarbeiten und dieses Thema anzusprechen. Andererseits hat das Museum in Miedzyrzecz eine wissenschaftliche Kooperation mit dem Krankenhaus- Museum in Bremen aufgebaut, was dazu führen wird, dass eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten, Briefen, Patientenakten, Fotos und Erinnerungsstücken, die von deutscher Seite gesammelt wurden, für ein Buch zur Geschichte Obrawaldes sowie bei Teilnahme an Konferenzen Obrawaldes sowie bei Teilnahme an Konferenzen zur Aktion T4 verwendet werden kann.


Obrawalde/Obrzyce – ein deutsch-polnisches Projekt. Besuch aus Bremen in Miêdzyrzecz

Aufruf der deutschen Delegation

Eine Bitte noch an Menschen, die vor 1945 in Meseritz-Obrawalde gelebt oder gearbeitet haben: Wir wären sehr dankbar, wenn Sie Ihre persönlichen Erinnerungen in Wort und Bild mit uns teilten. Die Heimatgruss-Redaktion ist gern bereit, bei Bedarf einen Kontakt zum Autor herzustellen.

Aufruf von Museumsdirektor Andrzej Kirmiel zum Projekt Obrawalde

Unser Museum plant, ein Buch über die Geschichte der Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde von 1904 bis 1945 zu schreiben, und wir haben eine große Bitte an die Leser vom HEIMATGRUSS.
Wir benötigen dringend Erinnerungen, Briefe, Dokumente, Fotos und andere Gegenstände, die sich auf die deutsche Geschichte dieser Einrichtung beziehen. Wir wollen den Besitzern die Original-Erinnerungsstücke nicht nehmen – Scans und Abfotografiertes als digitale Datei reichen aus. Wenn jemand Informationen nur anonym zur Verfügung stellen möchte, werden wir dieses respektieren.
Wir bitten Sie um Ihre Hilfe, denn ein Buch, das nur auf Dokumenten aus polnischen Archiven und polnischen Büchern basiert und ohne die Erinnerungen der deutschen Einwohner auskommt, wäre sehr unzutreffend bzw. unvollständig.
Wir möchten sowohl die glorreichen Zeiten des Krankenhauses darstellen, als es eine psychiatrische Einrichtung mit Modellcharakter für das gesamte Land war, aber auch die finsteren Zeiten der NS-Verbrechen nicht verschweigen. Das Buch soll zweisprachig in Polnisch und Deutsch herausgegeben werden, damit es auch HGr-Leser lesen können.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe und Grüße aus Miedzyrzecz.
Andrzej Kirmiel, Museumsdirektor

Vorstand und Beirat des HKr Meseritz begrüßen und unterstützen das deutsch-polnische Projekt. Alle Heimatfreunde, die zum Thema Obrawalde über Erinnerungen, Informationen, Dokumente oder Anderes verfügen, bitten wir herzlich, sich entweder mit der HGr-Redaktion oder direkt mit Andrzej Kirmiel (E-Mail: andrzejkirmiel@gmail.com) in Verbindung zu setzen.