Teil - 2
Das Regenwurmlager bei Kainscht

Eine Materialiensammlung von Joachim Schmidt.

Was wissen wir vom Regenwurmlager?

Herybert Schulz
Das Regenwurmlager (heute Keszyca Lesna) hatte eine Mannschaftsstärke von 2.200 - 2.500 Soldaten. Im Lager lebten ferner in separaten Häusern 10 - 12 Familien ziviler Angestellter. Zu den Versorgungseinrichtungen des Lagers gehörten: zwei Gemischtwarenläden, ein Friseurgeschäft, ein Postamt, eine Sanitätsstation, ein Kino, ein Kasino, eine Waffenmeisterei, Werkstätten u.a. für Kfz, Pferdeställe, ein unterirdischer Schießstand und neben Einrichtungen für Sport ein Freibad im aufgestauten Regenwurm (heute Struga Jeziorna). Die Straßenzuführung ging von der Reichsstraße 113 (Schwiebus-Meseritz) aus, Abfahrt Nipter über Kainscht ins Lager. Ein Gleisanschluß nur für Güterverkehr führte vom Bahnhof Kurzig bis zum Haupttor.
Das zum Lager gehörende Manövergelände befand sich mit seinen Übungsplätzen außerhalb der Lagerumzäunung in der angrenzenden Feldmark Kainscht. Das Standortkommando hatte seinerzeit Oberst Fürstenberg. Ich war von Januar bis Februar 1944 sechs Wochen als Pimpf des Jungvolks zu einem Schießlehrgang im Regenwurmlager. Aus den ursprünglich geplanten 2 Wochen wurden durch eine Diphterieinfektion 6 Wochen.

Edeltraud Kitzrow - Wandke
ergänzt die Berichte über das Regenwurmlager mit folgenden Erinnerungen:

Mein Vater Willi Wandke erhielt 1938 im Regenwurmlager einen Arbeitsplatz als Zivilangestellter. Wir zogen von Politzig in eines der Familienhäuser innerhalb des Lagers. Dort erhielten wir wie jede andere zivile Familie an einem leichten Hang zum Flüßchen Regenbogen hin einen wunderschönen Garten. In dem Waldgebiet des Lagers und ringsum gab es zu unserer Freude viele Pilze und Waldbeeren. Wir verlebten im Regenwurmlager eine sehr schöne Zeit. Am Eingang des Lagers befand sich rechts gegenüber der Hauptwache auf einem Mauersockel ein großer in Stein gemeißelter Adler. Auf der linken Seite, gleich hinter der Hauptwache, war die Hauptverwaltung des Regenwurmlagers mit der Bushaltestelle nach Meseritz usw. Danach begann der 1.Ring. Das Lager war hinsichtlich seiner Straßenführung in 4 Ringe aufgeteilt. Im 4. Ring befand sich das große Kasino, in ihm fanden Filmvorführungen und KDF-Veranstaltungen (KDF = „Kraft durch Freude“ NS-Gemeinschaft, Träger: die Deutsche Arbeitsfront.) statt.
Wir Schulkinder des Lagers wurden jeden Tag mit einem Soldatenbus nach Meseritz zur Schule gefahren. Unsere Eltern durften den gleichen Bus für Einkaufsfahrten nach Meseritz oder zum Bahnhof Nipter benutzen. Das Regenwurmlager lag tief im Wald geschützt und blieb wahrscheinlich deswegen von Fliegerangriffen verschont.

Hans Wandke
Der folgende Bericht von Hans Wandke ist nur ein Teil seiner 27 Seiten umfassenden Erinnerungen an die Evakuierung aus dem Regenwurmlager, die Unterbringung in der Prignitz, das Erleben des Kriegsendes und den Versuch, zu den Westalliierten zu gelangen. Der ausgewählte und überarbeitete Teil seiner eindrucksvollen Schilderungen beschränkt sich auf die Erlebnisse in der Zeit vom 28. bis 30. Januar 1945 in Meseritz, im Regenwurmlager und während der Evakuierung bis Frankfurt/ Oder. Ob der Bericht über die Unterbringung in der Prignitz, das Erleben des Kriegsendes und den Versuch zu den Westalliierten zu gelangen in der Vereinspublikation Heimatgruß veröffentlicht wird ist noch nicht entschieden. Hans Wandke konnte seine Erinnerungen, leider schon von Krankheit gezeichnet, erst nach der Wende schreiben. Sein plötzlicher Tod im Jahr 2003 verhinderte eine Fertigstellung. J.S.


Regenwurmlager Toreingang
Evakuierung – Flucht der Zivilangestellten aus dem Regenwurmlager
von Hans Wandke

Sonntag, 28. Januar 1945
Ein Kriegwintersonntag wie jeder andere. An diesem Sonntag sollte alles anders werden: Um 9 Uhr fahren meine Mutter, mein Freund Heinz G. und ich mit unseren Fahrrädern mehr schiebend durch tiefen, zerfahrenen Schnee zur Kirche in unsere 8 km entfernte Kreisstadt Meseritz, wo wir konfirmiert werden sollen. Der Bus des Regenwurmlagers hat seinen Verkehr nach Meseritz eingestellt. Wir fahren über Kainscht und ab Nipter auf der Reichsstraße 113 von Schwiebus nach Meseritz. Die Landschaft ist tief verschneit und das Wetter zunächst ohne Niederschlag. Hinter Nipter ändert sich das schlagartig. Trotz Frost setzt ein heftiger Eisregen ein, der unsere Kleidung in kurzer Zeit durchnäßt und mit einer Eiskruste überzieht, auch unsere Augenbrauen sind davon betroffen. Die Straße entwickelt sich zu einer Eisbahn, so daß wir letzten Endes zu Fuß gehen müssen. In der Ferne hören wir aus östlicher Richtung immer wieder ein dumpfes Grollen, dessen Ursache wir nicht deuten können. Beim Onkel in Meseritz angekommen, können wir uns etwas ausruhen und unsere Bekleidung am Ofen trocknen. Der Onkel warnt uns davor, die Ohren zu berühren, sie sollten langsam auftauen, sonst würden sie abbrechen. Ein Problem ist das Trocknen unserer Schuhe. Ihre Sohlen bestehen aus einem pappeähnlichen Kunstleder mit einem Gummibezug und sind dick aufgequollen. Nach etwa 2 Stunden sind unsere Kleider einige maßen trocken und wir gehen in die große evang. Kirche in Meseritz. Es regnet nicht mehr und mit der kommenden Sonne beginnt es auf den Gehwegen und den Straßen etwas zu tauen. Aus der Ferne hören wir ein dumpfes Grollen. Es klingt wie ein schweres Gewitter, das näher zu kommen scheint.

Gestern hat der Wehrmachtsbericht wieder von einer Frontverkürzung und einer planmäßigen Absatzbewegung der deutschen Truppen berichtet. Ich habe ein beklemmendes Gefühl, eine unbestimmte Angst – ich glaube, meine Mutter empfindet es auch so. In der Kirche ist es unruhig. Die Menschen sind ängstlich – so empfinde ich es. Superintendent Dirksen betritt die Kirche und teilt mit, daß die Einsegnung ohne vorhergehende Prüfung erfolgt. Die bevorstehenden Ereignisse gestatten nur noch eine Noteinsegnung. Während seiner Predigt wird Superintendent Dirksen unterbrochen und zum Telefon gerufen. In der Kirche entsteht wieder Unruhe. Viele Gottesdienstbesucher beten. Nach kurzer Zeit ist Superintendent Dirksen zurück und teilt mit, daß die Wehrmacht das Eis auf den Seen und der Obra sprengt. Es besteht kein Grund zur Beunruhigung. Nach der Predigt erhalten wir das Hl. Abendmahl und den Konfirmationsspruch. Nach einem gemeinsamen Gebet ist der Gottesdienst beendet. Ich kann sehen, daß unserem Superintendenten die Tränen über die Wangen laufen. Wir verlassen die Kirche. Draußen stehen rechts und links vor dem Portal Hitlerjungen und zwei SS-Soldaten mit Stahlhelmen. Die eben konfirmierten Jungen aus der Stadt werden sofort von ihren Angehörigen getrennt. Sie erhalten den Befehl, sich sofort uniformiert im Gebäude des Jungbannes zu melden. Da wir im Regenwurmlager wohnen, dürfen wir nach Hause fahren. Wir gehen wieder zur Wohnung des Onkels in die Schwiebuser Str.. Der ferne Donner nimmt an Stärke zu. Weinend verabschieden wir uns auf ein baldiges Wiedersehen. Die Rückfahrt mit den Rädern verläuft leichter. In den Wäldern um Nipter und Kainscht und im Regenwurmlager ist vom fernen Donner kaum noch etwas zu hören. Am Nachmittag wird gemeinsam mit unseren Nachbarn die Konfirmation gefeiert. Meine Mutter hatte Kuchen und eine Torte gebacken. Alle essen nur wenig. Die Stimmung ist gedrückt – es wird nur vom Krieg gesprochen. Von meinem Vater, der bereits am ersten Kriegstag eingezogen wurde, hatten wir schon längere Zeit keine Post mehr erhalten. In der folgenden Nacht gehen mir viele Dinge durch den Kopf und ich kann nicht schlafen. Der Gedanke, daß das dumpfe Donnern und Grollen nicht von Sprengungen des Eises sondern von Geschützen herrühren könnte, läßt mich nicht los. Ich sollte mich nicht geirrt haben.

Montag, der 29. Januar 1945
Meine Mutter schickt mich zum Einkauf in die Militärkantine. Dort erhalte ich Brot, Milch und Butter auf Lebensmittelkarten. Erst auf dem Heimweg fällt mir auf, daß das Lager wie ausgestorben wirkt. In der vergangenen Woche war das Lager mit Soldaten der Waffen-SS belegt worden. Sie führten leichte und schwere Geländewagen sowie Kettenfahrzeuge mit sich. Alles ist wie ein Spuk über Nacht verschwunden – als verließen die Ratten das sinkende Schiff. Dieses Ereignis geht mir noch tagelang nach.
Zu Hause beginnt meine Mutter wichtige Dokumente zu ordnen und in eine Tasche zu packen, auch Ober- und Unterbekleidung. Sie wünscht, daß wir Kinder das Haus nicht verlassen. Wir sind vier Geschwister: Meine jüngsten Geschwister, Gundula und Eberhard wurden in den ersten Kriegstagen 1939 geboren, meine zweite Schwester Edeltraud 1934 und ich, der Älteste, 1931. In unserer Familie lebt noch unser Großvater väterlicherseits. Ich weiß mit dem Tag nicht so recht etwas anzufangen und suche deshalb Werkzeug zusammen, um an meine Skier neue Zugfederbindungen zu schrauben.
Inzwischen ist es später Nachmittag. Plötzlich klopft es lautstark an der Haustür. Ich öffne. Ein Soldat fragt nach meiner Mutter. Es ist ein Unteroffizier. Er trägt einen Stahlhelm und an der linken Hüftseite eine Pistole. Meine Mutter kommt hastig zur Haustür. Der Unteroffizier teilt kurz mit, daß wir uns spätestens in einer halben Stunde mit Handgepäck an der Bushaltestelle der Hauptverwaltung zur Abfahrt einzufinden haben. Das ganze Lager ist sofort von allen Zivilisten zu räumen – zu weiteren Auskünften ist er nicht bereit. Ich bin so aufgeregt, daß ich unsinnigerweise beginne die Werkzeuge zu sortieren und aufzuräumen. Meine Geschwister und mein Großvater ziehen eilig die von Mutter bereitgelegten Kleider an. Ich fasse mich wieder und helfe meiner Mutter beim Einpacken restlicher Dinge. Wir packen noch zwei große Leinensäcke mit Bettzeug. Damit es möglich ist, sie zu tragen, schnalle ich um jeden der Säcke noch einen Riemen. Wir haben Heinun zwei Koffer, zwei Bettsäcke, die Schulmappen meiner Schwestern und Mutters Tasche mit wichtigen Unterlagen.
Eilig verlassen wir unsere Wohnung. Meine Mutter trägt neben ihrer Tasche einen Koffer und hat meinen kleinen Bruder Eberhard an der Hand. Mein Großvater trägt einen Bettsack, was ihm, weil er schon über siebzig ist, sichtbar schwer fällt. Meine Schwester Traudchen hat ihre Schulmappe und meine jüngste Schwester Gundula an der Hand. Ich trage einen Koffer und einen Bettsack, bei dem mir Traudchen stückweise hilft. Wir sind alle wintergerecht gekleidet. Hätte meine Mutter nicht schon vorher wesentliche Dinge gepackt, so hätten wir es in einer halben Stunde bis zur Abfahrt nicht schaffen können. Bis zur Bushaltestelle sind es von unserem Haus 200 m. Wir sind fast pünktlich am Bus. Zwei Familien fehlen noch. Es ist unser Schulbus, der für uns bereit steht, ein umgebauter Holzvergaser, der auf der kleinen Dachfläche Holzsäcke für den Generator gestapelt hat. Hier wird uns nun mitgeteilt, daß das Handgepäck pro Person 30 Pfund nicht überschreiten darf. Glücklicherweise wird bei der Aufregung des Einladens kein Gepäckstück mehr gewogen, noch gezählt. Das Gepäck wird eilig im hinteren Teil des Busses verstaut. Inzwischen treffen noch die zwei letzten Familien ein. Unser Nachbar muß noch einmal zurück in die Wohnung. Er hat etwas wichtiges vergessen und will die Haustüren wieder aufschließen, damit sie nicht eingeschlagen werden. Ich gebe ihm unseren Wohnungsschlüssel mit. Mutter bittet ihn noch den restlichen Kuchen mitzubringen. Ob er mit uns das Lager noch verlassen hat, weiß ich nicht mehr.

Der Fahrer unseres Schulbusses, der uns immer nach Meseritz fuhr, ist ein Stabsgefreiter aus dem Lager. Nachdem wir alle im Bus sitzen, erhält er von einem Offizier der Hauptverwaltung den Befehl, sofort abzufahren. Wir wissen alle, daß wir unsere Heimat so schnell nicht wiedersehen werden – ein schmerzvoller Abschied. Das Ziel unserer Fahrt ist Frankfurt/ Oder. Wir fahren an der Hauptwache vorbei. Ein Soldat öffnet den Schlagbaum und wir verlassen das Regen- wurmlager in Richtung Kainscht. Das Dorf Kainscht gehört zum Manövergelände des Lagers. Seine Bewohner wurden noch vor Ausbruch des Krieges im Rahmen des Ostwallbaues umgesiedelt. Einige Kilometer entfernt errichtete man für sie eine völlig neue Ortschaft. Wir sind nach wenigen Minuten im alten Dorf Kainscht an der ersten Straßengabelung. Links führt die Straße nach Frankfurt und rechts nach Meseritz.
Vor uns auf der Straße steht eine leichte Pak (Panzerabwehrkanone). Wir werden von einem Oberleutnant gestoppt. Er hatte mit seinen Soldaten hier Stellung bezogen und droht mit einer Pistole in der Hand unserem Fahrer. Wenn nicht sofort die vorschriftsmäßig schon abgedunkelten Scheinwerfer ausgeschaltet werden, würde er unsere Scheinwerfer einschlagen. Begründend fügt er hinzu, daß russische T 34 (Panzer) bereits am Ortseingang stehen. Wir sollen schleunigst weiterfahren. Jetzt wußte ich, woher die gelegentlich über uns hinwegfliegenden Leuchtspurgeschosse kamen. Wir fahren ohne Licht sofort in Richtung Frankfurt weiter. Die Straße ist schmal und der gefrorene Schnee stark zerfahren.

Ohne Licht kann unser Fahrer in der Dunkelheit nur mit großer Mühe die Fahrbahn bzw. die Straßenbegrenzung erkennen. Wir „kriechen“ im Schrittempo weiter. Kurz hinter Kainscht hören wir eine heftige Detonation – „sie werden wohl die Hauptverwaltung des Lager gesprengt haben“, meinen die Frauen im Bus. Nach einiger Zeit erreichen wir bei Pieske in leicht hügeliger Landschaft an der Straße nach Frankfurt/ Oder die Stelle, wo vom Ostwall rechts und links der Straße auf Bunkern in Stahlkuppeln Geschützscharten zu sehen sind. Die Stahlkuppeln sind schwenkbar und einziehbar. Vor den Kuppeln ist unsere Straße in voller Breite mit Bohlen abgedeckt. Darunter sollen Panzerhöcker sein, die man als Sperren hochfahren kann und die sich nach beiden Seiten in der Landschaft als Sperrgürtel fortsetzen, erzählt unser Fahrer. Es gibt dort auch drehbare Stahlkuppeln mit Flammenwerfern und alles ist mit Stacheldraht gesichert. Wir sehen keinen Soldaten und können in der Dunkelheit die Stellungen ungehindert passieren. Ob man hier die Russen wird aufhalten können?
Um eine bessere Orientierung zu haben, schaltet unser Fahrer ab und zu die Scheinwerfer ein. Wir fahren weiterhin im Schrittempo. Die Straße ist stark verschneit, der Schnee zerfahren und gelegentliche Schneewehen erschweren das Weiterkommen, außerdem schneit es unentwegt. Glücklicherweise fährt unser Bus mit aufgezogenen Schneeketten, sonst würden wir steckenbleiben. Wir fahren in der Nacht über Pieske, Schermeisel, Zielenzig und Drossen in Richtung Frankfurt. Am östlichen Nachthimmel ist immer wieder flackerndes Leuchten zu sehen. Kurz vor Zielenzig gibt es im Bus einen kräftigen Ruck. Wir waren mit der linken Seite des Busses in einen verschneiten Granattrichter geraten, was einen Federbruch an der Hinterachse zur Folge hatte. I
m Bus wird, um die linke Seite zu entlasten, das Gepäck nach rechts umgelagert. Für uns wird es dadurch sehr eng. Die Schneesituation wird auf der Straße immer schwieriger, so daß wir mehrfach aussteigen müssen, um den Bus zu schieben. Langsam wird es hell, der Morgen bricht an und wir haben erst 50 km zurückgelegt. Bis Frankfurt/ Oder haben wir noch 35 km vor uns. Unser Fahrer ist total übermüdet. Damit er die restliche Strecke bis Frankfurt/ Oder noch durchhält, wird er mit dem Bohnenkaffee, den einige Frauen in ihren Thermosflaschen haben, wachgehalten.

Dienstag, der 30. Januar 1945
Wir fahren endlich am Nachmittag über die Oderbrücke in Frankfurt. Alle im Bus sind froh, daß wir es noch geschafft haben. Als wir in die Stadt hineinfahren, hören wir, wie auf der östlichen Seite der Oder die Wehrmacht den Flughafen sprengt. Es sind gewaltige Detonationen. Unser Fahrer bringt uns mit dem angeschlagenen Bus noch zur Auffangstelle für Flüchtlinge. Sie befindet sich in einer Schule der Stadt. Wir werden dort in ein vorbereitetes ehemaliges Klassenzimmer eingewiesen, in dem sich schon Flüchtlinge befinden. Die Fensterseite des Raumes ist mit Stroh ausgelegt und dient zum Schlafen. Jede Familie hat ihren Platz mit Gepäckstücken abgegrenzt – wir tun es auch.

Zum Abend wird uns ein warmes Essen angeboten. Es gibt einen Eintopf, Graupen mit Kartoffeln. Da ich großen Appetit habe, schmeckt mir das Essen ausgezeichnet, owohl ich Graupen nicht gern esse. Am nächsten Tag erleben wir die Sprengung der Oderbrücke. Am späten Nachmittag müssen wir unser Gepäck zum Bahnhof tragen, ein weiter, mühsamer Weg. Im Bahnhof werden wir in einen Zug in Richtung Eberswalde eingewiesen. Es dauert noch einige Zeit, bis der Zug endlich abfährt. Auf der Strecke nach Eberswalde bleibt er mehrfach stehen – warum, wissen wir nicht. Von Eberswalde werden wir sofort weitergeleitet in Richtung Templin, Lychen. In Hohenlychen ist für unseren Transport zunächst Endstation.