Die Meseritzer Burg
Text und Fotos: Dr. Martin Sprungala


Der Ort Miedzyrzecz besteht seit mindestens der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Der Name bedeutet „Zusammenfluß (zweier Flüsse)“, womit die Obra und die Packlitz gemeint sind.
An diesem Zusammenfluß, der eine strategisch wichtige Lage darstellte, befindet sich die uralte Burganlage, die aus Holz und Erdwällen geformt wurde. Diese archaische Form sieht man der Burg bis heute noch an.
Die Burg hatte durch die hierher führenden Handelswege eine wichtige strategische Bedeutung, da sie an den alten Wegen von Magdeburg nach Gnesen (Gniezno) und von Stettin (Szczecin) nach Breslau (Wroclaw) und Krakau (Kraków) liegt, was auch erklärt, daß sie im Mittelalter sehr umkämpft war.
Direkt an der Burg befand sich eine kleine slawische Siedlung. Auch die Besatzung der Burg dürfte nicht größer als einige Dutzend Soldaten gewesen sein.

Die ersten historischen Daten über Meseritz sind nur indirekt erschließbar. Hier befand sich auch ein kleines Kloster. Herzog Boleslaw I. Chrobry soll Kaiser Otto III. im Jahr 1001 gebeten haben, hier ein Kloster zur stiften.
Aus diesem reich ausgestatteten Kloster stammten die später als Fünf Heilige Brüder verehrten ersten polnischen Märtyrer. Auf dem Weg nach Rom traf sich der Kaiser zusammen mit Bruno von Querfurt mit den beiden italienischen Brüdern, Benedikt aus Benevent (* um 980) und Johannes aus Venedig (* um 940), um sie mit der Errichtung dieses Kloster zu betrauen. In der Nacht vom 10./ 11. November 1003 wurden die Brüder Benedikt und Johannes zusammen mit ihren ersten polnischen Brüdern Christian, Isaak und Matthäus bei einem Raubüberfall in der Nähe von Konin ermordet. Bereits im darauffolgenden Jahr wurden sie von Papst Johannes XVIII. heiliggesprochen.


Meseritzer Burg: Die Fünf Heiligen Brüder
Mit dem Tod Otto III. verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Reich und Polen drastisch zumal Boleslaw weiter gen Westen auf Reichslehnsgebiet expandierte. Im September 1005 fand in der Nähe von Meseritz eine Schlacht zwischen den Truppen Kaiser Heinrich II. und Boleslaws statt, bei der der Ort erstmals urkundlich erwähnt wird. Heinrich verweilte damals kurze Zeit in Meseritz.
Die Stadt blieb bis zum Tod Boleslaws polnisch. Spätestens bei dem anschließend erfolgenden Zusammenbruch seines Reiches ging auch das Kloster zugrunde.
Der Reichsregent Thietmar von Merseburg berichtet, daß Heinrich das Fest des Heiligen Mauritius (22.9.1005) in dem verlassenen Kloster verbrachte. 1031 beendete Kaiser Konrad II. in einem zweiten Angriff auf Polen die Herrschaft Mieszko II., genannt der Faule, dessen Herrschaft über die Lausitz reichte. Zeitgleich griffen die Feinde seines Vaters, Grossfürst Jaroslav von Kiew und Bretislav I. von Böhmen, an und brachten bis 1038 das polnische Reich an den Rand des Untergangs.
Die Pomoranen eroberten dabei weite Teile des Posener Landes, so auch Meseritz. Erst 1094 konnten die Piasten die Burg zurückerobern. Das Meseritzer Umland blieb auch in den folgenden Jahrhunderten eine heftig umkämpfte Ortschaft zwischen Polen, Brandenburg und Schlesien. Zur Festigung des Christentums wurde am 29.1.1230 im südlich gelegenen Goscikowo das Zisterzienserkloster Paradies gegründet, durch das deutsche Siedler hier im größeren Ausmaße heimisch wurden und vermutlich in diesem Zusammenhang auch Meseritz das Magdeburger Stadtrecht erhielt. Unter brandenburgischer Herrschaft stieg der Anteil der deutschen Siedler weiter an.
Die Originalurkunde hat die Zeiten nicht überstanden, so daß man nicht genau weiß, wann Meseritz Stadtrecht erhielt. 1248 wird in der Großpolnischen Chronik des Posener Bischofs Bogufal II. h. Poraj erstmals Meseritz als Stadt erwähnt.

Erst im Jahre 1329 kam Meseritz endgültig zu Polen. Die Burg war von dem deutschen Stadtrecht ausgeschlossen, sie unterstand weiterhin dem König bzw. dem königlichen Beauftragten, dem Kastellan.
Um 1350 ließ König Kazimierz III. der Große die unzeitgemäße Anlage durch eine moderne Burganlage mit einem Turm aus Backsteinen erneuern. Im Kampf gegen die benachbarten Brandenburger wurde damit Meseritz zu einer wichtigen Grenzstation des polnischen Reiches und bildete seither die äußerste Verteidigungslinie Polens nach Westen in dieser Region. Über 100 Jahre schweigen dann die Quellen.
Im Kampf um die Vorherrschaft in Schlesien eroberte der ungarische König Matthias Corvinus 1474 auch Meseritz und zerstörte dessen Burg.

Kasimir IV. ließ sie nach der Rückeroberung wieder aufbauen und erneute 1485 das Privileg der Stadtrechte. Im 16. Jahrhundert erlebte Meseritz seine Blütezeit.
Es lebten damals etwa 10.000 Menschen in der Stadt und die Einwohner schlossen sich der Reformation an. Glanzvoller Höhepunkt dieser Epoche war 1573 der Empfang des ersten Wahlkönigs, Henri de Valois (1551-1589), in der Burg. Der junge Franzose betrat Ende Januar 1574 bei Meseritz erstmals polnischen Boden.

Ein Jahrhundert später erfolgte der Niedergang. 1606 wütet ein großer Brand in der Stadt, der Kastellan wurde als Vertreter des Königs zum Gegner des Luthertums in Meseritz und setzte die Interessen der katholischen Kirche gegen seine lutherischen Bürger durch. Pest und Kriege führten auch zum wirtschaftlichen Niedergang. Bis 1759 war die Einwohnerzahl bis auf 3.500 Einwohner zurückgegangen.
Im Kleinen Nordischen Krieg (1655-1660) wurde die Burg schwer beschädigt und der Versuch die Ruine wieder aufzubauen (1691) brachte nicht den gewünschten Erfolg, so daß der Kastellan um 1719 eine neue Wohnstätte für sich bauen ließ.


Meseritzer Burg um 1790

Mit der 2. Teilung Polens war nicht nur die Burganlage überflüssig geworden, sondern auch der Amtssitz des Kastellans. Die preußische Domänenverwaltung übernahm die Besitzungen der Kastellanei. Sie verwalteten die Güter jedoch nicht selber, sondern verpachteten sie. Wer nach 1793 in Meseritz tätig war, ließ sich leider nicht in Erfahrung bringen.
Es entstand ein Gutsbezirk und die Burg wurde zur Wohnstätte mit Park ausgebaut. Die Innenräume des Schlosses dienten als Lagerraum und die südlichen Hänge des Hügels wurden als Weinberge verwendet, in der ehemaligen Burganlage soll auch Bier gebraut worden sein.

Die nächste verläßliche Information über das Meseritzer Schloß stammt aus dem Güterverzeichnis des Jahres 1845. Danach war das Rittergut Schloß Meseritz im Besitz des Landrentmeisters Johann Gotthilf Sturzel. Akten im Besitz des Posener Staatsarchivs weisen einige Jahre später das Gut als Besitz von dessen Töchtern Auguste Louise Amalie Schütz, geb. Sturzel, Küntzel und Emma Alexandrine, geb. Sturzel, aus. Sie veräußerten das Rittergut an den evangelischen Adeligen mit polnischen Wurzeln, Stephan v. Dziembowski (1828-1900), Sohn des Stephan August v. Dziembowski und der Jeanette v. Unruh.
Seit 1859 war der engagierte Lokalpolitiker mit Maria Henriette Dorothea v. Kalckreuth (1840- 1927) verheiratet. Er war 1874-80 Landrat des Kreises Meseritz und danach für sechs Jahre des Kreises Samter (Szamotuly), Mitglied und später Vorsitzender des Provinzialausschusses, Kreisvorsitzender im Bund der Landwirte und langjähriges Mitglied des Provinziallandtages, zuletzt als Landtagsmarschall.
Auch im Preußischen Abgeordnetenhaus saß er als Delegierter von 1877 bis 1900 und von 1894 bis 1900 vertrat er seine Heimatprovinz im Deutschen Reichstag. Von 1893 bis 1911 war er Schloßhauptmann von Posen.


Meseritzer Burgruine
Sein gleichnamiger Sohn, Stephan v. Dziembowski (1862-1914), war nur wenige Jahre Eigentümer von Schloß und Rittergut. Er wurde im 1. Weltkrieg bei Bialinin schwer verwundet und erlag seinen Verletzungen drei Tage später im Lazarett in Breslau. Da er kinderlos war, ging das Rittergut an seinen Cousin Kurt v. Tempelhoff (1863-1935) auf Dombrowka (Dabrówka, Kr. Posen West).
Auch er war lokalpolitisch tätig, Mitglied im Provinziallandtag und im Preußischen Abgeordnetenhaus. Sein gleichnamiger Sohn, Kurt v. Tempelhoff (1899-1980), war der letzte Herr auf Schloß Meseritz.

Nach 1945 wurde der gesamte Gebäudekomplex verstaatlicht und ein Museum eingerichtet, das bis heute hier existiert.


Meseritzer Burg 2015 - heute Museum Meseritz
Meseritzer Burg 2015 - heute Museum Meseritz