Schriftzug POMOST




2014
Der Archäologe findet Überreste von
Ordensrittern und einer Tupolew TU-154


Neuwahl des Vorstandes der Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg 2014


Die archäologische Suchgruppe am Absturzort des Präsidentenflugzeugs bei Smolensk, das Bestimmen des Begräbnisorts großer Hochmeister des Deutschritterordens im Dom zu Marienwerder (heute: Kwidzyn) sowie Teilnahme an Exhumierungen deutscher Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Dies sind nur ein paar der Beschäftigungsfelder des Posener Archäologen Maksimilian Frackowiak.

Er rannte total betrunken in den Raum hinein. Auf der Mütze hatte er einen roten Stern und in der Hand die Maschinenpistole – die Perpescha. Er stellte keine Fragen, er fing einfach an zu schießen. Die Bilanz: 46 Tote.
Ein Teil der Leichen lag auf dem Fußboden, ein anderer auf den Betten. Bei 44 verwundeten deutschen Soldaten waren zwei Krankenschwestern, die im Dorfsaal von Nasslettel ein Lazarett eingerichtet hatten, in dem seit ein paar Monaten Verwundete betreut worden waren.
Man schrieb Anfang Februar 1945. Die Bolschewisten stürmten wie die Furien voran in dem Bemühen, Josef Stalin am 1. Mai Berlin als Geschenk zu Füssen zu legen. Nur ein Soldat überlebte das Massaker.
Er hatte sich unter dem Bühnenpodest versteckt; und eine Frau. Sie hatte das Glück, zu überleben, hätte sich seinerzeit aber lieber den Tod gewünscht. Daß sie von den Rotarmisten bewußt verschont wurde, hatte mit dem zu tun, was ihr danach blühte.
Man ging bestialisch mit ihr um. Aber sie überlebte. Nach 67 Jahren kehrte sie an den Ort des Grauens zurück, als die Gedenktafel für die Verstorbenen und Ermordeten in ihrem Heimatdorf eingeweiht wurde. Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten.
Die sterblichen Überreste des Massakers ruhten über viele Jahre in einem namenlosen Grab, einer Grube, bis 2012.

Da traten die Mitarbeiter von POMOST auf den Plan und begannen – angeleitet durch Erinnerungen deutscher Ortsbewohner – mit der Suche nach den Verscharrten. Ein POMOST-Mitarbeiter ist Maksymilian Frackowiak, Archäologe und Doktorand der Posener Adam-Mickiewicz-Universität.

Er ist auch Amateurhistoriker und war Mitglied derjenigen Gruppe von Archäologen, die den Absturzort der Maschine des polnischen Präsidenten Kaczynski nahe Smolensk untersucht hat. Ein weiteres Vorhaben, an dem er teilnahm war die Suche und das Finden der sterblichen Überreste großer Hochmeister des Deutschritterordens im Dom zu Marienwerder. Dies sind nur zwei der bekanntesten und bedeutendsten Untersuchungen, an denen er teilgenommen hat.

„Womit ich mich beschäftige? Mit Münzen. Na, vielleicht gibt es auch noch ein paar andere Dinge. Aber dies ist ein so breites Thema“, lacht er. In seiner Doktorarbeit beschäftigt er sich mit dem Klassifizieren und Interpretieren von Münzen. Er sucht Antworten auf die Frage, warum und wie sie an einen bestimmten Ort gelangt sind. „Ich versuche, festzustellen, welches die Ursachen dafür waren, daß sich in der Vergangenheit eine bestimmte Münze bzw. Gruppe von Münzen, z.B. ein Schatz, in einem konkreten archäologischen Kontext gefunden hat.
Mich interessieren u.a. Grabbeigaben und vor allem ihre Funktionen. Welche Schlußfolgerungen ergeben sich daraus? Im Allgemeinen handelt es sich um Dinge, die den Toten bei der Beerdigung mitgegeben wurden“
, erzählt Frackowiak.
„Für die Angehörigen waren die Münzen ein Mittel, z.B. eine Gebühr dafür, daß dem Toten die Pforten des Himmels geöffnet wurden. So machten sich die Menschen im Mittelalter den Mythos des Charon zu eigen, dem in der christlichen Religion der Hl. Petrus entspricht“.
Es kann auch andere Gründe für Grabbeigaben geben, z.B. bei Amuletten die Abwehr von Vampiren. So hat man z.B. auch geglaubt, daß eine dem Verstorbenen mitgegebene Silbermünze die Lebenden vor der Heimsuchung durch den Verstorbenen bewahren kann.
„Mich interessiert in erster Linie die Neuzeit und die Gegenwart, der Zweite Weltkrieg. Besonders auf diesem Feld kann ich viel tun, weil ich Mitglied bei POMOST bin und an der Exhumierung deutscher Soldaten und Zivilpersonen teilnehme“, sagt der Archäologe.
Durch bei Skeletten gefundene Geldstücke kann er die Einsatzräume nachvollziehen. „Viele der 1945 gefallenen Soldaten hatten sowjetische Münzen in ihren Geldbörsen, sicher Erinnerungsstücke von der Ostfront. Bei den sterblichen Hüllen entdeckten wir Münzen aus ganz Europa und anderen Kontinenten.
Einmal fanden wir einen Soldaten, dessen Geldbörse voll war mit italienischen Münzen und Geldscheinen. Hat man ihn direkt aus Italien nach Posen versetzt?“
, überlegt Frackowiak. „Es gibt auch ältere Münzen. Beim Skelett eines anderen Soldaten, eines Esten, fanden wir Münzen aus dem 18. Jh. Sowie die Hälfte eines Talers mit dem Bildnis Friedrichs des Großen. Wo hatte er die her? Hat er sie geklaut? Jemandem abgekauft? In solchen Fällen ist man leider auf Spekulation angewiesen“, betont er.

Als Archäologe sollte Maksymilian Frackowiak sich vor allem für die ganz alte Geschichte interessieren. So ist es aber nicht. Seine bisher größte berufliche Herausforderung war die gemeinsam mit einigen anderen Archäologen unternommene Reise nach Smolensk, an der teilzunehmen er eingeladen worden war.
Die Aufgabe der Gruppe bestand darin, die Absturzstelle der TU-154 zu durchsuchen. Er hatte keine Ahnung, was ihn erwarten würde. Darüber, was er dort sah, kann er noch immer nicht in Ruhe reden.
Die Untersuchungen erfolgten im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen. Die zwei Wochen, die Frackowiak mit der von der Polnischen Akademie der Wissenschaften zusammengestellten Gruppe verbrachte, waren sehr arbeitsreich. Die Zeit war knapp. Ein richtiges Arbeiten war unmöglich, es gab zu viele Spuren der Katastrophe. „Wir waren uns bewußt, daß wir viele Hinweise entdecken würden, aber die Wirklichkeit war lähmend. Wir fertigten einen Lageplan der Absturzstelle an und erstellten viele Dokumentationen. Am Ort hatten wir keine rechte Möglichkeit, alle Reste der Katastrophe aus dem Erdreich zu holen; dieses Vorhaben hätte mehrere archäologische Saisons erfordert.
Wir verlangten, daß das Gelände gut abgesichert wird. Sicherlich wird die Erde mit der Zeit das eine oder andere Trümmerteil an die Oberfläche bringen. Ich habe keine Ahnung, wie es heute dort aussieht“
.

Eine weitere spektakuläre Herausforderung stellte sich dem jungen Archäologen im Dom zu Marienwerder: Werner von Orseln, Ludwig Koenig von Wattzau und Heinrich von Plauen. Diese drei Namen erweckten vor einigen Jahren das starke Interesse polnischer und ausländischer Geschichtsforscher.
Die in den Krypten des Doms entdeckten sterblichen Überreste sind diejenigen der genannten drei großen Hochmeister des Deutschritterordens. Sie wurden dort im 14. und 15. Jh. beigesetzt. „Es handelt sich um die einzigen in Europa bekannten Überreste mittelalterlicher Ordenshochmeister“, sagt Frackowiak, der an der Spurensuche beteiligt war. „Um solche Momente zu erleben wird man Archäologe – man spürt dann den Atem der Geschichte“.